Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

426 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
hat, um Deutschland vor weiterer Zersplitterung zu bewahren, eine Tätig- 
keit, die, wie ich mich wohl rühmen darf, unzweifelhaft zur Erhaltung des 
europäischen Friedens beigetragen hat, so wird doch niemand imstande 
sein, in allen diesen Handlungen irgend etwas zu finden, was der Selb- 
ständigkeit Bayerns zu nahe treten und die Rechte der Krone oder des 
Landes schädigen könnte. 
Was ich außerdem angestrebt habe, um die deutschen Verhältnisse 
einer definitiven Regelung zuzuführen, ist Ihnen bekannt. Ich habe darüber 
bei früheren Gelegenheiten ausführlich Rechenschaft gegeben. Man mag 
darüber urteilen wie man will, das eine aber wird die Zukunft lehren, 
es wird keinem bayrischen Minister gelingen, einen andern Weg zu finden, 
um der Aufgabe, welche nach dem Inhalt der Nikolsburger Präliminarien 
gestellt ist, gerecht zu werden und die nationale Einheit mit der be- 
rechtigten Selbständigkeit Bayerns in Einklang zu bringen, als den, welchen 
ich gegangen bin. 
Meine Herren! Es konnte, und damit werden die praktischen Poli- 
tiker dieses Hauses einverstanden sein, nicht Aufgabe der Regierung 
eines Staats von der Stellung Bayerns sein, sich der unfruchtbaren 
Bemühung hinzugeben, theoretischen Ausarbeitungen Anerkennung zu 
verschaffen, deren Annahme nicht durch inneren Wert der Arbeit, sondern 
durch die politische Lage Europas bedingt ist. 
In diese Kategorie theoretischer Arbeiten gehört auch das Projekt 
des sogenannten süddeutschen Bundes. Nachdem die Nikolsburger Präli- 
minarien den Satz aufstellen, daß die südlich der Mainlinie gelegenen 
deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten sollen u. s. w., ist der 
Gedanke, ja der Wunsch gerechtfertigt, das gegenwärtige Provisorium auf 
diesem Wege in ein Definitivum umzuwandeln. Wenn Sie den Süd- 
bund näher betrachten, Sie mögen ihn nun süddeutschen Staatenverein 
oder wie immer nennen, wenn Sie darunter kein bloßes Scheingebilde, 
sondern einen lebensfähigen, staatsrechtlich konstruierten Organismus ver- 
stehen, so werden Sie zugeben, daß derselbe nicht zustande kommen 
kann, ohne daß die einzelnen Staaten, welche ihn bilden, auf einen Teil 
ihrer Souveränitätsrechte verzichten. Sowohl die gesetzgebende als die 
exekutive Gewalt der Einzelstaaten würde zugunsten der Kollektivgewalt 
des Bundes beschränkt werden müssen. Um nur ein Beispiel anzuführen, 
so würde die auswärtige Vertretung nicht etwa eine bayrische, württem- 
bergische oder badische sein, sondern eine Vertretung des süddeutschen 
Bundes werden müssen. Dies würde nun für Bayern, welches im süd- 
deutschen Bunde schon durch die Zahl seiner Einwohner eine überwiegende 
Stellung einnimmt, kein Nachteil sein. Ob aber unfre Nachbarstaaten 
Lust hätten, die Beschränkung ihres Selbstbestimmungsrechts zugunsten
	        
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