Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

428 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
zugebe, daß die Pflege des nationalen Gedankens bis zu einem Grade aus- 
gedehnt werden kann, welcher mit der Pflicht eines bayrischen Ministers 
nicht vereinbar wäre, so wollen Sie nicht vergessen, daß es auch eine 
Pflege der Selbständigkeit Bayerns gibt, die mit den Pflichten nicht ver- 
einbar ist, welche die Tatsache uns auferlegt, daß Bayern einen Teil 
unsers großen deutschen Vaterlands bildet. Die Grenze ist hier genau 
bestimmt, erwarten Sie von mir nicht, daß ich sie jemals überschreite; ich 
werde mich mit den zentrifugalen Elementen, welche sich zurzeit in Süd- 
deutschland geltend machen, nie verbinden. 
Der Adreßentwurf gesteht zu, daß für Bayern eine andre Politik 
nicht möglich sei als diejenige, welche von der gegenwärtigen Staatsregierung 
befolgt worden ist. Die Adresse erklärt sich mit allen Grundsätzen ein- 
verstanden, welche die Thronrede proklamiert hat und welche wir auf 
Befehl Seiner Majestät des Königs seit drei Jahren durchführen. Dabei 
spricht aber der Entwurf aus, daß die Gesinnung des gegenwärtigen 
Ministers des Aeußern dem Lande kein Vertrauen einflöße. Ich glaube 
nicht, daß es irgend jemand gelingen würde, mir durch Tatsachen nach- 
zuweisen, daß ich dieses persönliche Mißtrauen in meine Pflichttreue gegenüber 
der Dynastie, gegenüber dem Lande verdient habe. Wenn aber dieses Miß- 
trauen darin besteht, daß man von mir annimmt, ich sei unfähig, ein 
doppeltes Spiel zu spielen, ich sei unfähig, Jahre hindurch freundliche 
Gesinnungen gegen Norddeutschland zu heucheln und dieselben bei gelegener 
Zeit in feindliche umzuwandeln, dann hat dieses Mißtrauen allerdings 
Grund. Zu einer solchen Politik bin ich nicht fähig, aber ich kann dann 
verlangen, daß man auch klar, deutlich und ohne Umschweife sage, daß 
ich deshalb das Vertrauen der patriotischen Partei nicht besitze. 
Auf verschiedene Bemerkungen „patriotischer“ Redner bezüglich des 
Rundschreibens vom 9. April 1869 erwiderte Fürst Hohenlohe am 4. Februar: 
..Ich bitte Sie, meine Tätigkeit bezüglich des Konzils lediglich vom 
Gesichtspunkte der einfachen Pflichterfüllung aufzufassen. Als ich im Jahre 
1868 zuerst von der Zusammenberufung des Konzils Kenntnis erhielt, 
mußte es für mich Pflicht sein, die Stellung mir klarzumachen, welche 
die Regierung dem Konzil gegenüber einzunehmen habe. Ich habe deshalb 
die Geschichte zu Rate gezogen und habe gefunden, daß bei dem letzten, 
dem Tridentinischen Konzil, die Regierungen an der Beratung teilgenommen 
haben. Ich verweise Sie auf die Tätigkeit des bayrischen Gesandten Paum- 
gartner, welcher bekanntlich einen lebhaften Anteil an den Beratungen des 
Konzils gehabt und insbesondere dadurch sich bekannt gemacht hat, daß er 
die Aufhebung des Zölibats in Antrag brachte. Daß von einer solchen 
Tätigkeit zu unfrer Zeit nicht mehr die Rede sein kann, ist selbstverständlich.
	        
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