432 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
einer gemeinsamen Behandlung unterstellt, bei welcher Behandlung aber
allerdings — und das ist das Unterscheidende — Bayern ebenso viele
Rechte hat und eine ebenso entscheidende Stimme führt wie jeder andre
Staat. Ich bin nun mit dem Herrn Referenten einverstanden, daß wir
die Beaufsichtigung über diese Angelegenheiten und die Gesetzgebung inner-
halb derselben nicht einer Bundesbehörde übertragen sollen, wie sie an der
Spitze des Norddeutschen Bundes steht und in welcher Bayern keine andern
Befugnisse hätte, als daß ihm im Bundesrate nur etwa sechs oder acht
Stimmen zuständen, und wo dann im Reichstage die Minorität von fünfzig
bayrischen Abgeordneten in der großen Masse der norddeutschen verloren
ginge. Ich habe auch in meiner Rede vom 8. Oktober 1867 nicht gesagt,
wie der Herr Referent meint, daß ich bestrebt sei, diese Rechte und Be-
fugnisse an das norddeutsche Parlament zu übertragen; auch ich halte die
Organisation des Norddeutschen Bundes und die dadurch bedingte Be-
handlungsart der Bundesangelegenheiten nicht für geeignet, die damals als
gemeinsam projektierten Angelegenheiten ihr zu unterstellen. Ich habe
getrachtet, in jenen Verhandlungen eine vertragsmäßige Gemeinsamkeit aller
der Angelegenheiten zu erzielen, bei welcher die einzelnen süddeutschen Staaten
als gleichberechtigte Faktoren in Behandlung dieser Angelegenheiten aner-
kannt worden wären. Das ist es, was meine Verhandlungen im Auge
hatten, welche ich mit den süddeutschen Staaten — denn mit dem Nord-
deutschen Bunde haben gar keine Verhandlungen stattgefunden — bezüglich
eines weiteren Bundes zwischen Süddeutschland und Norddeutschland geführt
habe. Und deshalb bezeichnet meine damalige Rede die anzustrebende Ver-
bindung ausdrücklich als einen Staatenbund. Sie wissen, woran jene
Verhandlungen gescheitert sind. Der Versuch der Gründung eines süd-
deutschen Staatenvereins, unter dessen Voraussetzung die Bestimmungen
der Nikolsburger Präliminarien hinsichtlich einer nationalen Verbindung
mit dem Norden Deutschlands allein zur Ausführung zu bringen wären,
ist bisher nicht gelungen. Es gibt politische Situationen, in welchen der
Wille des einzelnen Menschen, ja der Wille eines Staats sich als unzu-
länglich erweist. Die Schwierigkeiten, welche sich einer befriedigenden Neu-
gestaltung Deutschlands entgegenstellen, sind durch den Gang, welchen die
Erneuerung des Zollvereins genommen hat, in gewisser Beziehung vermehrt
worden. Ich habe es damals versucht, die Rekonstruktion des Zollvereins
auf andern, mehr föderativen Grundlagen zu erwirken. Allein meine Vor-
schläge sind in Berlin vereinzelt geblieben, und wenn wir den Zollverein
nicht aufgeben wollten, mußten wir der neuen Form zustimmen. Damals
stand der Weg offen, auszuscheiden aus der deutschen Gemeinschaft und
eine isolierte Stellung sowohl in wirtschaftlicher als politischer Beziehung
einzunehmen, es stand der Weg offen, uns auf uns selbst zurückzuziehen.