Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 433
Ich hätte einer solchen Politik nicht zustimmen können, ich war bereit, im
Sommer 1867, als ich von Berlin zurückkam und bevor der Zollvertrag
abgeschlossen war, mein Amt niederzulegen. Ich habe die Entscheidung
Seiner Majestät dem König und dem Lande überlassen. Seine Majestät
der König und das Land haben sich für Erhaltung des Zollvereins auf
der von Preußen vorgeschlagenen Grundlage entschieden ausgesprochen.
Damit war die Gestaltung Deutschlands in föderativer Richtung wesentlich
erschwert; daß auch der Gedanke des Südbundes dadurch nicht gefördert
wurde, werden Sie begreifen.
Ich konstatiere bei dieser Gelegenheit mit Vergnügen, daß auch der
Herr Referent seine Ansicht dahin ausgesprochen hat, es hätte auch kein
andrer als ich den Südbund zustande gebracht. Wenn der Herr Abgeordnete
Greil aber verstanden hat, ich halte den Südbund nicht für ratsam, weil
dadurch die Selbständigkeit der einzelnen Staaten gefährdet werde, so hat
der Herr Abgeordnete mich falsch verstanden. Ich habe nur auf die
Schwierigkeiten hingewiesen, welche der Konstruierung des Südbunds des-
halb entgegenstanden, weil derselbe nur dann zustande kommen könne, wenn
jeder der süddeutschen Staaten auf einen Teil seiner Selbständigkeit, auf
einen Teil seines Selbstbestimmungsrechts verzichtet. Ich fügte bei, Bayern
könne dieses Opfer bringen, da wir die stärkste Macht innerhalb des Süd-
bunds sein und die gebrachten Opfer durch die Stellung wieder ausgeglichen
würden, welche Bayern im Südbunde einzunehmen hätte. Ich fügte dann
bei, daß Württemberg und Baden auf einen solchen Verzicht einzugehen,
wenig Grund hätten.
Der Herr Abgeordnete Greil will aber weder den Bundesstaat noch
den Staatenbund, ja nicht einmal ein „Anlehnen an den Palast des Nord-
deutschen Bundes“. Damit ist aber auch der von mir angestrebte weitere
Bund verurteilt und die Politik des Abwartens als die eigentlich bayrische
Politik proklamiert. Es ist möglich, daß wir vorderhand dazu gezwungen
sein werden; allein, meine Herren, es gibt für uns zwei Arten des Ab-
wartens. Die eine besteht darin, daß wir die gegebenen Verhältnisse offen
und rückhaltlos akzeptieren und sie nicht als solche ansehen, die wieder zu
zerstören wären, daß wir aufmerksam beobachten, ob und wann der Augen-
blick gekommen sein wird, in welchem an der großen nationalen Aufgabe
mitgewirkt werden kann unter Wahrung der Rechte und Interessen unsers
engeren Vaterlands, und es gibt eine andre Art des Abwartens, die darin
besteht, mit Ungeduld nach dem Augenblick zu spähen, wo man das Ge-
schehene ungeschehen, wo man die Ereignisse rückläufig machen und Revanche
für das Erduldete nehmen könne. Daß, meine Herren, ich mit letzterer Art des
Abwartens nicht einverstanden bin, das werden Sie begreifen, ich würde da-
durch mit meiner ganzen politischen Vergangenheit in Widerspruch geraten.
Fürst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. I 28