Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

434 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
Ich kann nicht schließen, ohne noch einem Vorwurfe zu begegnen, der 
mir von seite des Herrn Referenten gemacht worden ist, es ist meine viel- 
besprochene Rede im Zollparlament. 1) Ich glaube, der Herr Referent 
hat nicht die ganze Rede vorgelesen, ich glaube der Schluß wurde vergessen. 
Der letzte Satz beginnt: „Das Vertrauen dieser hohen Versammlung wird 
mir die Kraft geben, auszuharren“ — dieser Anfang des Satzes wurde 
von dem Herrn Referenten noch gelesen, aber der Schluß nicht, welcher 
lautet: „in dem Bestreben, für Verständigung, Versöhnung und Eintracht 
der deutschen Stämme mit allen Kräften zu wirken“. 
Meine Herren! Ich habe diese Erklärung nicht abgegeben in einer 
Versammlung eines fremden Landes, ich habe sie abgegeben in einer Ver- 
sammlung, welche auf Grund des Vertrags vom 7. Juli 1867 in Berlin 
tagte, ich habe sie abgegeben in einer deutschen Versammlung. Ich habe 
nicht im Sinne der nationalliberalen Partei gesprochen, sondern ich habe 
meine Tätigkeit dahin bezeichnet, daß ich für Versöhnung, Eintracht und 
Verständigung der deutschen Stämme fortarbeiten werde, und insofern konnte 
ich mich auf meine Tätigkeit als bayrischer Minister des Aeußern beziehen. 
Wahrlich, meine Herren, es wäre weit gekommen, wenn man von Ver- 
söhnung und Eintracht deutscher Stämme nicht mehr reden könnte, ohne 
sich die Vorwürfe eines Teils seiner deutschen Mitbürger zuzuziehen. Ich 
bin überzeugt, daß ein andrer Minister nicht anders gesprochen hätte. Aber 
wie etwa ein Minister hätte sprechen müssen, der nach dem Sinne des 
Herrn Referenten gewesen wäre, das will ich Ihnen sagen; er hätte sprechen 
oder wenigstens denken müssen: „Dank meinen Bemühungen, dank den 
Bemühungen der Presse meiner Partei ist es nicht möglich, von Versöhnung, 
Verständigung und Eintracht der deutschen Stämme in diesem Saale zu 
reden." Daß ich, meine Herren, so nicht sprechen konnte und so nicht 
gesprochen habe, darauf bin ich stolz. 
Schreiben des Königs Ludwig an den Fürsten 
vom 6. Februar 1870. 
Mit großem Interesse habe ich soeben die meisterhafte, in der Tat 
unwiderlegliche Rede, welche Sie gestern in der Zweiten Kammer gehalten 
haben, gelesen, und es drängt mich, noch ganz unter dem Eindruck derselben, 
Ihnen meine Freude und meine vollste Anerkennung hierüber aus ganzem 
Herzen auszusprechen. 
Möge es Ihren bestimmten und beredten Worten gelingen, die letzten 
Nebel des leider immer noch nicht gänzlich verscheuchten Mißtrauens zu 
bannen. 
  
1) Siehe Seite 369.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.