Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 439 
stitutionell verfahren wolle, kam aber immer wieder darauf zurück, daß in 
meiner Entlassung eine Schwäche und ein Nachgeben liege. Er fragte 
mich, wen er denn nehmen solle, und ich nannte ihm Bray. Ultramon- 
tane Minister und insbesondere Thüngen will er um keinen Preis. Es 
wurde dann noch viel hin und her geredet über Konstitutionalismus, ab- 
solute Monarchie u. s. w. Schließlich fragte er mich, ob ich nicht die 
Geschäfte vorläufig noch fortführen wolle, was ich bejahte. Beim Nach- 
hausegehen begegnete ich Hörmann, der mir bestätigte, daß ich vollkommen 
recht getan habe und daß vorläufig an eine Versöhnung zwischen mir 
und der Patriotenpartei nicht zu denken sei. 
München, 17. Februar 1870. 
Werthern teilte mir im Auftrage des Grafen Bismarck folgendes mit: 
Bis auf die neueste Zeit habe es ihm zweckmäßig geschienen, daß ich 
abginge. Ich würde, habe er gemeint, mich nur in kleinen Streitigkeiten 
aufreiben und sei dann nicht mehr fähig, bei großen Aktionen mitzuwirken. 
Seitdem sich aber der König mit solcher Entschiedenheit in den 
Vordergrund gestellt habe, bedürfe es nicht mehr des Experiments, welches 
mein Rücktritt zur Folge habe, um den König zu überzeugen, daß er mit 
der ultramontanen Partei nicht regieren könne. Diese Ueberzeugung habe 
der König. Wenn Werthern sage, er wisse nicht, wie weit und in welchen 
Schritten mich der König unterstützen werde, so liege dies doch nur in 
meiner Hand. Der Kampfplatz sei geöffnet, ich brauche daher nur anzu- 
fangen. Als Mittel des Kampfes bezeichnet Bismarck die Auflösung der 
Kammer der Abgeordneten und einen Pairsschub. 
Ferner teilt mir Werthern ein langes Exposé über das Hospiz 
dell Anima in Rom mit. Nach einem Breve von 1859, welches infolge einer 
Enquete erlassen wurde, blieb Oesterreich im Besitz des Protektorats jener 
Anstalt. Preußen findet dies „nach Königgrätz und Prag“ ganz unzu- 
lässig und will dieses Protektorat Oesterreich streitig machen. Er fragt, 
ob ich von der Sache Kenntnis habe, wie ich es ansehe, und ob Bayern 
geneigt sei, sich den Schritten anzuschließen, die Preußen im allgemeinen 
deutschen Interesse zu tun beabsichtige. Ich erwiderte, daß mir die Ver- 
hältnisse der Anima nicht unbekannt seien, daß ich aber die Sache für 
ernst hielte, da gleichzeitig Oesterreich und der Jesuitenorden verletzt würden, 
und daß ich erst Tauffkirchen zum Bericht auffordern müsse u. s. w., ehe 
ich mich weiter erkläre. 
Aus einem Briefe Döllingers an den Fürsten. 
München, 21. Februar 1870. 
Die Lage wird immer ernster und drohender. Eben kündigt die 
„Donauzeitung“ an, daß neben Ketteler und Melchers auch unser Herr Erz-
	        
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