48 Die Revolution und die Reichsgesandtschaft (1848 bis 1850)
land die Selbständigkeit und nationale Kräftigung von Italien wünschen
muß und sich in die inneren Angelegenheiten der italienischen Staaten nicht
einzumischen gedenkt, so sind doch mit der Bildung der neuen radikalen
Regierungen in Italien Grundsätze in die italienische Politik gekommen,
die eine friedliche Lösung der oberitalienischen Frage auf der von Deutsch-
land bisher festgehaltenen Grundlage nicht erwarten lassen.
Es ist mir daher zu wissen nötig, ob meine Mission nach Rom im
Falle der Proklamierung der Republik als beendigt anzusehen, ob ich noch
einer speziellen Sendung an den Heiligen Vater, im Falle seiner gänzlichen
Entfernung auf lange Zeit von Rom und dem Kirchenstaat, entgegen-
zusehen habe und endlich welche weiteren Instruktionen über mein Ver-
halten gegenüber den radikalen Regierungen Italiens mir von dem Reichs-
ministerium gegeben werden wollen.
Ich ersuche Sie daher, Herr Reichsminister, mir gütigst die nötigen
Weisungen nach Athen unter der Adresse der preußischen Gesandtschaft
zukommen lassen zu wollen.
Am 1. Dezember schifften sich die Reisenden auf dem „Têelêmaque“
nach Neapel ein, lagen einen Tag vor der Stadt und fuhren dann auf
dem „Scamandre"“ weiter durch die Meerenge von Messina nach Malta,
wo sie einen Tag verweilten. Es folgte dann eine stürmische Fahrt um
das Kap Matapan. Erst am 11. Dezember kamen die Reisenden im Piräus
an und nahmen in Athen im Hotel d'Angleterre Quartier.
An den Reichsminister der Auswärtigen Angelegenheiten.
Athen, 17. Dezember 1848.
Unerwartete Hindernisse verzögerten die Seereise von Marseille nach
dem Piräus, so daß ich erst am 11. abends hier eintraf. Ich übersandte
am folgenden Morgen die Schreiben in der vorgeschriebenen Form an den
Minister Kolokotroni, ward von ihm zu einer Besprechung eingeladen und
erhielt nach gegebenen Erläuterungen das Versprechen möglichster Be-
förderung meiner Angelegenheit.
Die feierliche Audienz fand auch gleich am darauffolgenden Tage, dem
13. dieses Monats, statt. Seine Majestät der König empfing mich im
Thronsaal nicht weit vom Throne stehend in Gegenwart des Ministers
Kolokotroni, des Hofmarschalls und zweier Adjutanten. Meine dem Inhalte
des zu übergebenden Schreibens entsprechende Anrede hörte der König mit
Aufmerksamkeit an und beantwortete sie durch eine Gegenrede, in welcher
er seine Teilnahme an der Bildung der Zentralgewalt aussprach, die
völkerrechtlichen Beziehungen Griechenlands zu Deutschland berührte und
seine freundschaftlichen Gefühle für Seine Kaiserliche Hoheit den Erzherzog