Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Die Revolution und die Reichsgesandtschaft (1848 bis 1850) 59 
Menschen zu reden. Meine sehr zahme Rede ist aber doch zu anti- 
ministeriell gefunden worden, und ich werde dadurch bei Hofe in Verruf 
kommen. „Kein Vernünftiger kann zergliedern, was den Menschen wohl- 
gefällt.“ 
Die Sitzung, die dieser Brief erwähnt, fand am 12. November statt 
und betraf die Haltung der bayrischen Regierung in der deutschen Frage, 
für welche die Kammer dem Ministerium ihre „dankbare Anerkennung“ 
aussprach. Diese „dankbare Anerkennung“ bezog sich, wie die Verhand- 
lungen ergeben, auf die Ablehnung sowohl der Frankfurter Verfassung 
wie des Dreikönigsbündnisses. Fürst Hohenlohe schloß sich von diesem 
Votum nicht aus, erklärte aber bezüglich des Beitritts zum Dreikönigs- 
bündnis folgendes: „Wäre die Frage der hohen Kammer vorgelegt worden, 
als sie noch eine offene war, wäre die hohe Kammer aufgefordert worden, 
sich zu erklären, ob sie ihre Zustimmung zu diesem Bündnisse gebe, so 
gestehe ich, daß ich geraten haben würde, diese Zustimmung zu erteilen. 
Ich gehe von dem Grundsatze aus, daß eine starke Zentralgewalt nottut, 
und von diesem Standpunkte aus würde ich mir die Frage erlaubt haben, 
ob denn auf einem andern Wege dem Drange nach nationaler Einigung 
entsprochen werden könne als auf dem, der in großen Grundzügen in 
dem Dreikönigsbündnis enthalten ist. 
Sämtliche deutschen Staaten sind konstitutionell monarchisch; es kann 
also eine autokratische Form der Zentralgewalt nicht wohl gedacht werden. 
Ein Parlament an der Seite dieser Zentralgewalt ist eine allgemein an- 
erkannte Notwendigkeit. Nun ist aber meiner Ansicht nach eine kollegiale 
Führung der Exekutive gegenüber einem Parlament eine sehr gefährliche 
Sache. Ein Direktorium von Bevollmächtigten — denn Direktoren müssen 
immer bevollmächtigt sein —, ein Gesamtkollegium, überhaupt jede von 
diesen vielköpfigen Gestaltungen der Zentralgewalt wird immer nach 
Instruktionen handeln. Nun ist aber einem Parlament gegenüber durch- 
aus notwendig, rasch, entschieden und kraftvoll zu handeln. Mir scheint, 
daß eine solche Kraftentwicklung, solche Raschheit, solche Entschiedenheit in 
der Ausführung nicht wohl mit dem Handeln nach Instruktionen vereinbar 
wäre; wir haben dies damals erfahren, als der Bund in seiner früheren 
Form noch existierte, und ich glaube, daß bis jetzt wenigstens das Rätsel 
noch nicht gelöst ist. Doch ich schweige heute von alledem. Die Frage 
über den Dreikönigsbund ist in diesem Augenblicke eine geschlossene. Sie 
ist wenigstens jetzt in ein Stadium getreten, in welchem eine weitere Ver- 
teidigung desselben zwecklos ist. Das bayrische Volk hat sich in seiner 
Vertretung gegen den Dreikönigsbund ausgesprochen. Die königliche 
Regierung hat den Dreikönigsbund zurückgewiesen, gestützt auf die Mehr-
	        
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