Vorwort des Herausgebers
A 31. März 1901 feierte Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillings-
fürst, der im Herbst vorher das Amt des Reichskanzlers nieder-
gelegt hatte, zu Colmar im Hause seines Sohnes seinen Geburtstag. Nach
dem festlichen Mahle nahm er den Unterzeichneten beiseite und überraschte
ihn durch die Frage: „Wollen Sie mir helfen, meine Memoiren zu
schreiben?" An diese Frage knüpfte sich eine Unterredung, in welcher der
Fürst mir aussprach, daß es sein Wunsch sei, den Rest seines Lebens
dafür zu verwenden, seine schriftlichen Aufzeichnungen zu ordnen und deren
Veröffentlichung vorzubereiten. Er wollte alle seine Papiere und Akten
nach Schillingsfürst schaffen und lud mich ein, ihn im Laufe des Sommers
auf einige Wochen dort zu besuchen. Da sollte das Material der Arbeit
gesichtet und deren Plan festgestellt werden. Für den Fall seines Todes,
sagte mir der Fürst, werde sein Sohn, Prinz Alexander, die Verfügung
über seinen schriftlichen Nachlaß haben und in die Beziehungen zu mir,
mit denen er einverstanden sei, eintreten. Die Entscheidung über Einzel-
heiten wurde auf weitere Besprechungen verschoben, die im Laufe des
Sommers stattfinden sollten und die nicht mehr stattgefunden haben. Anfang
Juli 1901 berührte der Fürst Colmar noch einmal, als ein Sterbender.
Wenige Tage darauf endete sein Leben in Ragaz. So war es ihm nicht
vergönnt, die letzte Arbeit, mit der er sein langes und arbeitsreiches Leben
abschließen wollte, selbst anzugreifen. Für den Prinzen Alexander und
für den Unterzeichneten ergab sich hieraus die Verpflichtung, den letzten
Willen des Fürsten, soweit möglich, auszuführen. Freilich konnte nach
dem Scheiden des Fürsten seine Absicht nur in unvollkommener Weise
erfüllt werden. Er hatte gehofft, bei Durchsicht seiner Aufzeichnungen
und Akten seine Erinnerungen zu beleben und so sein eigner Biograph
zu werden. Nach seinem Scheiden kann es sich nur darum handeln,
die hinterlassenen Aufzeichnungen, soweit sie zur Veröffentlichung geeignet
sind, gemäß dem Willen des Entschlafenen weiteren Kreisen bekannt-
zumachen.
Seit dem Jahre 1866 hat der Fürst seine Erlebnisse und Eindrücke
in fortlaufenden Aufzeichnungen, die er als sein „Journal“ bezeichnete,
niedergelegt. Die Mitteilungen dieses „Journals“ werden ergänzt durch