Aus den Jahren 1850 bis 1866 69
von zukünftiger reden. Mir scheint, weder das eine noch das andre. Das
Land kann nie anders gewesen sein und eine andre Gestalt wird es auch
nie annehmen. Man muß es nehmen, wie es ist. Es hat etwas Be-
ruhigendes, Wohltuendes, diese großartige Einsamkeit der littauischen Wälder
und unabsehbaren Kornfelder. Werki selbst erinnert an Lubowitz oder
Fürstenberg. Es ist das Oder= oder Wesertal, nur ohne die Dörfer und
mit mehr Wald und Wildnis. Die Lage des Schlosses ist sehr schön, das
Schloß selbst und der Park ganz englisch. Wir werden uns ganz gut
hier eingewöhnen ... Ich war heute beim Generalgouverneur in Wilna,
Bibikoff, einem sehr artigen Manne. Wir bleiben noch ein paar Tage
hier und reisen dann weiter nach Norden und werden in Petersburg Ende
des Monats eintreffen und im Bariatinskyschen Hause wohnen, von dem
man einen Flügel für uns gemietet hat.
Die fürstliche Familie verlebte den Winter 1851/52 in Petersburg
und kehrte im Frühling 1852 nach Werki zurück. Der Aufenthalt in
Rußland dauerte bis in den Sommer 1853. Leider sind aus dieser Zeit
schriftliche Aufzeichnungen des Fürsten nicht vorhanden. Ein Bild des
häuslichen Lebens in Werki geben Briefe der Prinzessin Elise, welche den
Sommer 1852 im Hause des Bruders verlebte. Einige Auszüge aus
diesen Briefen, welche die Frau Prinzessin dem Herausgeber gütigst über-
lassen hat, mögen hier folgen.
Werki, 26. Juni 1852.
.. Man sieht vom Schlosse ziemlich hoch hinunter auf den Fluß,
die Wilia, der sich durch das Tal schlängelt. Von meinem Zimmer sehe
ich nur ein kleines Stückchen des Flusses, da ich parterre wohne und die
vielen Laubbäume, die den ganzen Berg bedecken, mir die Aussicht ver-
bergen. Dicht vor dem Fenster sind viele Büsche, Jasmin u. a., und zwischen
diesen und den Bäumen, die am Rande des Berges stehen, ist ein Gras-
platz mit einem Kiesweg ringsherum. Von oben, aus dem Salon, sieht
man über die Bäume weg. Da kann man einen kleinen, ganz von Bäumen
eingeschlossenen See sehen, der am Fuße des Berges liegt, links den weiteren
Lauf des Flusses und mehrere ganz im Grün versteckte Häuser, die zu
Werki gehören. Das Schönste ist die Terrasse. Im Garten nämlich, am
Rande des Berges, ist ein Stück ausgemauert, mit eisernem Geländer
darauf. Unter einer großen Linde stehen Bänke und Stühle, und man hat
eine herrliche Aussicht auf den Fluß. Eine weiße griechische Kirche sieht
man am Ufer, und hinter dem Walde auf der Höhe liegt Wilna sehr hübsch.
Es sieht sehr nahe aus, man braucht aber doch eine halbe Stunde, um
hinzufahren. Die Straße führt rechts vom Flusse zwischen Kiefern den
Berg hinauf. Der Horizont ist ringsherum von dunkelm Wald begrenzt.