Aus den Jahren 1850 bis 1866 73
Kirche klarmacht, wendet sich, aber ohne Ueberzeugung, zur katholischen
Kirche, weil diese mehr den Anforderungen, die seine Vernunft an ein
konsequentes Dogma stellt, entspricht. So wird sich nach und nach der
ungläubige Teil der Menschheit dem katholischen Dogma nähern. Aber
ob dadurch wirklich etwas begründet werden wird? Soll sich die Mensch-
heit mit einem Dogma begnügen, das sie annimmt aus Notwendigkeit, aber
ohne innere Ueberzeugung, während sie nach einem Dogma schmachtet?
Ich glaube, daß das nicht auf die Dauer der Fall sein wird. Ich glaube
aber, daß die Menschheit sich ein ihrem Standpunkte angemessenes Dogma
wieder schaffen und dadurch wieder religiös werden wird.
Im Jahre 1853 gab der Fürst wegen Meinungsverschiedenheiten mit
seinem Schwiegervater die Verwaltung der littauischen Güter wieder auf.
Die Familie kehrte nach Schillingsfürst zurück und behielt für die folgenden
Jahre dort ihren Wohnsitz. Unterbrochen wurde das Leben in Schillings-
fürst durch die Winteraufenthalte in München zur Teilnahme an den
Landtagsverhandlungen und durch häufige größere Reisen. Von der
Tätigkeit des Fürsten in der Kammer der Reichsräte und von den Be-
obachtungen über die europäische Politik, zu denen ihm seine Reisen Ge-
legenheit boten, mögen die folgenden Aufzeichnungen zeugen.
2. Rom 1856/57.
Den Winter 1856/57 verlebte die fürstliche Familie in Rom, wo der
Bruder des Fürsten, Prinz Gustav zu Hohenlohe, damals Geheimer Käm-
merer des Papstes war. Aus dem Tagebuche des Fürsten über seinen
römischen Aufenthalt seien hier einige Auszüge mitgeteilt, die für die Kennt-
nis der damaligen Zustände und Persönlichkeiten der römischen Gesellschaft
von Bedeutung sind.
Rom, 2. Dezember 1856.
. Jch verstehe jetzt mehr und mehr den Unterschied, der zwischen
den Jesuiten und ihren Anhängern und den ihnen abgeneigten Geistlichen
besteht. Erstere sehen in der Abtrennung der Geistlichen von der bürger-
lichen Gesellschaft, in der Abtötung alles dessen, was den übrigen Menschen
angenehm ist, in der völligen Unabhängigkeit von allem, was mit den be-
stehenden Formen, der bestehenden sozialen Hierarchie zusammenhängt, das
Heil und die Zukunft der Kirche, während die andre Partei mit den
Menschen als Menschen leben will, den bestehenden Standesunterschieden
Rechnung trägt und nicht auf die Zerstörung der sozialen Weltordnung
rechnet, sondern auf deren Bestand. Während die Jesuiten sich auf den
Untergang dieser Ordnung gefaßt machen, glauben die andern nicht daran und
meinen, die Ordnung aufrechterhalten und sich mit ihr identifizieren zu können.