Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 77 
Von hier wanderte ich weiter, der Zufall führte mich in die Kirche 
San Luigi de' Francesi. Hier predigte der Pere Chevreaux mit großem 
Pathos und vielem Geschick über den Unterschied zwischen Religion und 
Philosophie. Die Predigt war so interessant, daß ich bis zu Ende dablieb. 
Da es noch immer regnete, so suchte ich noch eine Kirche auf, trat zuerst 
in eine leere Kirche, San Apollinare, dann ging ich auf die Piazza Ca- 
pranica und kam in die Kirche degli Orfanelli. Hier saßen viele Leute und 
warteten auf die Predigt. Auf einer kleinen Estrade stand ein rotseidener 
Lehnstuhl und ein Tisch. Nach einiger Zeit erschien ein Geistlicher, setzte 
sich auf den Lehnstuhl und begann seine Predigt oder vielmehr den Unter- 
richt über die Beichte, der die ganze Woche jeden Nachmittag um 5 Uhr 
stattfindet. Der Geistliche redete einfach, klar und eindringlich in einer 
ungemein angenehmen Weise. Ich wäre gern bis zu Ende geblieben, da es 
aber schon ½6 Uhr war, mußte ich vor dem Schluß weg. 
24. März. 
.. Nach Tisch ging ich in den Vatikan, um Gustav in der Anti- 
kamera Gesellschaft zu leisten. Ich gehe immer mit neuem Vergnügen die 
alten Treppen des Vatikans in der Dunkelheit hinauf, bei den Schweizern 
vorbei in den großen Hof der Loggien. Es ist da alles so still und feier- 
lich, dabei die warme Frühlingsluft, der Sternenhimmel, die hohen Säulen 
und Galerien. In dem Vorzimmer war es wie gewöhrlich still und ein- 
sam. Wir sprachen, während im Nebenzimmer der Papst Audienz gab. 
29. März. 
Da ich erfahren hatte, daß in der Kirche St. Lucia del Gonfalone ein 
guter Prediger sei, so begab ich mich um 10 Uhr dahin. Nach dem 
Evangelium während der Messe kam der Pfarrer, setzte sich auf einen 
Lehnstuhl, der ihm vor den Altar gestellt wurde, und begann nun in einer 
so einfachen, logischen und klaren Weise und dabei so eindringlich über 
die Beichte zu sprechen, daß ich nur bedauerte, daß sein Auditorium so 
klein war. Es waren höchstens zwanzig bis dreißig Personen da. Ich 
habe selten etwas so Vollkommenes gehört. Es war eine der Reden, „die 
mit urkräftigem Behagen die Herzen aller Hörer zwingt“. Nicht ein ein- 
gelerntes Wort, keine Rhetorik, keine Phraseologie. Es war ein neuer 
Beweis für die römische Seelsorge. 
4. April. 
Mit Gustav, der gestern nach Frascati gefahren war, hatte ich aus- 
gemacht, ihn dort aufzusuchen... Da der Wagen geschlossen und der 
Morgen wunderschön war, setzte ich mich zu dem Kutscher auf den Bock 
und fuhr durch die Campagna, die bei Morgenbeleuchtung prächtig aus- 
sah, nach Frascati. Im Hotel de Londres erfuhr ich, daß Gustav die
	        
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