Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus den Jahren 1850 bis 1866 79 
raschesten Trabe nach Rom. Als wir an das Kolosseum kamen, schien 
der Mond so hell, daß wir uns entschlossen, auszusteigen. Es war wunder- 
voll still und heimlich, die Ruinen gar ernst und feierlich. 
Palmsonntag, 5. April 1857. 
Um 9 Uhr fuhren wir in die Peterskirche, um dem feierlichen Hoch- 
amt beizuwohnen. Eine große Menschenmenge drängte sich dort zusammen, 
doch ist die Kirche so ungeheuer groß, daß die 20 bis 30 000 Menschen, 
die da versammelt waren, durchaus nicht auffielen. Wir nahmen heute 
zum ersten Male von unfrer Tribüne Besitz, die man für die Mediati- 
sierten neben der Tribüne der königlichen Herrschaften errichtet hatte. Wir 
waren sehr nahe am Papst und konnten die Zeremonien, insbesondere die 
Austeilung der Palmen, sehr bequem ansehen. In der königlichen Tribüne 
waren der König von Bayern, die Königin Christine von Spanien, der 
Kronprinz und die Kronprinzessin von Württemberg und Prinz Karl von 
Preußen. Alle mit zahlreichem Gefolge. Da die Frage wegen des Ranges 
noch nicht entschieden war, so mußte ich darauf verzichten, die Palme aus 
den Händen des Papstes zu empfangen. Die Messe dauerte bis ½2 Uhr. 
29. April. 
Um 11 ½ Uhr war ich zur Audienz beim Heiligen Vater bestellt und 
fand mich zur rechten Zeit ein. Da die Abreise des Papstes bevorsteht, 
so war das Vorzimmer voll von Wartenden. Vor mir wurden noch 
Deputationen eingelassen, dann kam Kardinal Roberti und endlich kam ich 
an die Reihe. Der Papst empfing mich wie immer sehr freundlich. Da 
ich sah, daß er eine Anrede erwartete, so begann ich damit, ihm zu sagen, 
daß ich gekommen sei, vor seiner Abreise um seinen Segen zu bitten, ihm 
danken wolle für seine Gnaden und ihm Gustav noch besonders empfehlen 
wolle. Er antwortete darauf sehr freundlich, sprach von Gustavs Un- 
wohlsein und bemerkte, daß er nicht meine Gesundheit habe. Dann sprach 
er von der Audienz, die Marie und Fürstin Léonille 1) bei ihm gehabt 
hatten, und von andern Dingen und verabschiedete mich. Ich küßte ihm 
die Hand und er blieb stehen, bis ich an der Tür war. Er war besonders 
heiter und freundlich. 
4. Mai. 
Da der Papst seine Abreise nach Loreto u. s. w. auf heute festgesetzt 
hatte, so begab ich mich um 6 Uhr früh zu Gustav, den ich im Begriffe 
fand, zum Heiligen Vater zu gehen. Wir blieben noch einen Augenblick 
beisammen, besprachen noch einiges und trennten uns dann. Ich ging 
  
1) Die zweite Gemahlin des Vaters der Fürstin, geborene Bariatinsky.
	        
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