Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

416 Straßburg (1885 bis 1894) 
so habe ich zwei mir ergebene Leute, und das Ministerium ist ganz aus 
preußischen Beamten zusammengesetzt. Handjery wäre zu vermeiden, da 
er leicht auf den Gedanken kommen könnte, einmal selbst Statthalter zu 
werden. Nachmittags Besprechungen mit verschiedenen Herren. 
Heute war ich um 10 Uhr bei Bleichröder, der mit Bötticher ge- 
sprochen hatte. Bötticher hat noch kein bestimmtes Projekt. Er will aber 
die Regierung hierher ziehen und den Statthalter als Figuranten dort 
lassen. Dies hat Bleichröder als für mich unannehmbar bezeichnet. Ich 
teilte Bleichröder den Inhalt meines Briefes an Bismarck mit, und er 
versprach, in gleichem Sinne zu reden. Er riet, den Staatssekretärsposten 
wieder zu besetzen und meint, Puttkamer solle man nehmen, um die National-= 
liberalen nicht zu indisponieren. Er will versuchen, den Kanzler in dieser 
Beziehung umzustimmen. 
Back kam um 12 Uhr und erzählte, daß Verdy, der Abends bei 
Bötticher gewesen war, ihm dieselben Nachrichten wie die Bleichröders 
gegeben hatte. Dabei hat Verdy die sonderbare Bemerkung hingeworfen, 
daß ja jetzt ein Botschafterposten in Rom frei sei, wo man mich ver- 
wenden könnel! 
29. März. 
Gestern früh war ich bei Wilmowski, Bleichröder und Holstein, um 
mich zu erkundigen, wie es im Ministerrat gegangen. Sie wußten aber 
nichts; ich war deshalb genötigt, zu Friedberg zu gehen, der mir erzählte, 
im Ministerrat sei die Sache von Elsaß-Lothringen beraten worden. Der 
Reichskanzler habe von meiner Aufzeichnung und von meinem Brief ge- 
sprochen. Die Debatte scheint teilweise gegen mich gewesen zu sein. 
Schließlich hat der Reichskanzler den Minister Bötticher beauftragt, er 
solle einmal einen Gesetzentwurf ausarbeiten. Friedberg riet mir, dem 
Kanzler zu schreiben und ihm zu sagen, daß ich die Personalveränderungen 
vornehmen würde. 
Ich hatte dann eine längere Unterredung mit Puttkamer, 1) den ich 
über Studt fragte, worauf er mir denselben dringend empfahl. Abends 
mit Marquardsen gegessen, dann mit ihm in eine Vorlesung über Guinea, 
wo ich mit dem Schlaf kämpfte, und dann in die Kneipe der National- 
liberalen, die mich sehr freundlich empfingen. Ich sprach mit Bennigsen, 
der mir riet, ja nicht darauf einzugehen, daß die Regierung zwischen hier 
und Straßburg geteilt werde. Ebenso war er mit mir einverstanden, daß 
ich mich nicht mit verminderten Attributionen in Straßburg halten könne, 
als bloßer Dinergeber. 
  
1) Dem preußischen Minister des Innern.
	        
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