Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

406 Börse. 
Die Feststellung der B. preise ist ein Hauptgegenstand der Anordnungen über 
die Einrichtung der B. (B.ordnungen). In Deutschland ist die autono- 
mische Regelung der B„verhältnisse die Regel. Die B. ordnungen erscheinen dem- 
zufolge meist als Lokalstatuten bald eines besonderen B. vereins mit korporativen. 
Rechten (z. B. in Württemberg), bald der Kaufmannskorporation des Orts (wie 
in den größeren Preußischen Handelsstädten). Bei der großen Bedeutung der 
fraglichen Einrichtungen, selbst für Dritte, hat sich aber der Staat nicht nur eine 
gewisse Oberaufsicht über die Verwaltung der B., sondern auch eine Mitwirkung 
beim Erlaß und bei der Abänderung von B. ordnungen vorbehalten. Das Allg. D. 
HG#. gedenkt der B. ordnungen nur insofern, als es denselben (mit Ausschluß der Geltung 
von Usancen) die Abänderung der gesetzlichen Zeitberechnungen, soweit sie die Liqui- 
dationstermine der B. geschäfte betreffen, überläßt. Dagegen pflegen die Einfüh- 
rungsgesetze die Voraussetzungen des Erlasses und der Abänderung von B.ordnungen 
festzusetzen, sowie manche Normativbestimmungen für deren Inhalt zu 
enthalten. Einige der bedeutendsten Deutschen Staaten mögen hier als Beispiel 
dienen. So ist nach dem Preuß. E. (ähnlich auch in Oesterreich und Mecklenburg) 
zum Erlaß neuer und zur Abänderung und Ergänzung bestehender B. ordnungen, 
wie zur Errichtung einer B. die Genehmigung des Handelsministers er- 
forderlich; ferner ist in Bezug auf den Inhalt bestimmt, daß Vorschriften privat- 
rechtlichen Inhalts außer Kraft treten, soweit sie in den bestehenden B.ordnungen ent- 
halten sind und in die neuen B. ordnungen nicht ausgenommen werden dürfen. Dagegen 
enthält das Oesterr. B. gesetz von 1875 wichtige Bestimmungen privatrechtlicher 
Natur, z. B. hinsichtlich der Klagbarkeit der Differenzgeschäfte. Nach dem Preuß. 
Gesetz über die Handelskammern vom 24. Febr. 1870 können die B. unter die Auf- 
sicht der Handelskammern gestellt werden. Das Sächs. E. beschränkt sich darauf, 
die B.ordnungen, soweit sie mit dem EG. im Widerspruch stehen, außer Kraft zu 
setzen und die Art. 66 ff. des HGB. nur auf diejenigen Mäkler für anwendbar zu 
erklären, deren Schlußnoten oder Büchern in einer von der Regierung bestätigten B.= 
(oder Mäkler-) Ordnung Beweiskraft beigelegt ist oder wird. Nach dem Württemb. 
E. sind zur Feststellung von B.preisen nur diejenigen Vereine von Kaufleuten ge- 
eignet, denen durch den Landesherrn auf Grund einer genehmigten B.ordnung die 
Eigenschaft öffentlicher B. vereine beigelegt ist. — Den eigentlichen B. ordnungen ver- 
blieb hiernach noch ein ziemlich weiter Rahmen zur Ausfüllung. Die Preußischen 
Blplätze besaßen meistens schon seit geraumer Zeit B. ordnungen; so Berlin seit 1805, 
Königsberg seit 1827, Danzig, Elbing seit 1830 2c. Die Einführung des HGB. 
ist indessen hier überall der Impuls zu neuen Bildungen gewesen. Fast unmittelbar 
an dieselbe schloß sich die neue B.ordnung für Köln vom 7. Juni 1862; bald folgten 
Magdeburg und Stettin, in den Jahren 1864 und 1865 auch die Ost= und West- 
preußischen Handelsstädte bis auf Tilsit, dieses, wie Berlin und Breslau, erst 1866 
und 1867. Hervorzuheben sind die Bestimmungen über die Berechtigung zum 
B. besuch. Diefelbe ist nicht auf Einheimische beschränkt. Ausgeschlossen sind in 
der Regel Personen weiblichen Geschlechts, Minderjährige, Personen, welchen die 
Ehrenrechte abgesprochen sind — ein altes Recht der B. — und Personen, welche in 
Konkurs verfallen sind. — Ferner enthalten die B. ordnungen Festsetzungen über die 
B. zeit und über die Handhabung der äußeren Ordnung während der Bloer- 
sammlungen. Diese fällt gewöhnlich besonderen Bekommissarien zu. — Aus- 
führliche Vorschriften werden über die Feststellung der B.preise, an See- 
plätzen auch der laufenden Frachten gegeben. Diese Feststellung liegt — gewöhn- 
lich mehrere Male wöchentlich an bestimmten Tagen — bald den Handelsmäklern 
(Köln, Frankfurt a. M.), bald nach deren (eventuell amtseidlichen) Vernehmung 
den B.kommissarien (Berlin, Königsberg 2c.) ob. 
Gsgb. u. Lit.: CPO. 8 842. — Preuß. E. z. H#. Art. 3. 60, Ziffer 2 und die 
übrigen Ge. (s. d. Ausgabe von Lutz). — Preuß. Ges- v. 24. Febr. 1870, 8 84 (Ges. Samml. 
134. — Oesterr. Ges. v. 11. Juli 1854, 26. Febr. 1860, 30. Juni- 1868 u. 4. April
	        
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