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Folge ihrer Centralisation und der Betonung des Gehorsams gegen die Oberen, so-
wie ihres Verkehres mit dem Volke, erwiesen sich diese beiden O., welche im Laufe
der Zeit mit den weitgehendsten Privilegien ausgestattet wurden, als gefügige und
brauchbare Werkzeuge für die weltbeherrschenden Tendenzen des Papstthums. Im
direkten Verkehr mit dem Volke blieben freilich allein die Franziskaner, während die
Dominikaner die Vertheidigung der kirchlichen Lehre von der Kanzel, vom Katheder
und durch theologische Werke als ihre Hauptaufgabe betrachteten und aus demselben
Grunde auch die thätigsten Werkzeuge der Inquisition geworden sind. Wie die
Dominikanermönche später das Prinzip der absoluten Besitzlosigkeit aufgegeben und
Grundbesitz und andere Reichthümer erworben haben, so trat gerade deswegen später
im Franziskaner-O. eine Spaltung ein, nämlich in die Observanten (fratres de
observantia), welche die alte Strenge festhielten, und die Konventualen, welche den
Grundsatz von der Entsagung von allem Besitzthum für den O. als solchen fallen
ließen. Mit dem 13. Jahrhundert hatte das Mönchthum seinen Höhepunkt erreicht,
den nunmehr eintretenden Verfall hielten die Reformbestrebungen der Konzilien des
15. Jahrhunderts (von Kostnitz und Basel) nicht auf, und in Folge der Refor-
mation des 16. Jahrhunderts wurden sowol in protestantischen, wie auch in katho-
lischen Ländern eine Reihe von Klöstern beseitigt. Das Tridentinum verlieh eben-
falls aus reformatorischem Interesse den Bischöfen als päpstlichen Delegaten wieder
eine Reihe von Aufsichtsrechten über die eximirten Klöster (s. diesen Art.) und ver-
langte, daß sich die bis dahin unabhängigen Klöster zu Kongregationen behufs
Ermöglichung einer ständigen Aufsicht zusammenthun sollten. Zu dem 1528 ent-
standenen Kapuziner-O., welcher die Regel des Franziskus in alter Schärfe an-
genommen hat, dessen Typus die vollkommene Beschränkung in Genuß und Bildung
und die absichtliche Verwahrlofung von Geist und Körper ist, welcher aber wegen
seiner Homogenität mit dem gemeinen Volke einen bedeutenden Einfluß auf das
letztere auszuüben vermochte, bildete den absoluten Gegensatz, aber doch wegen seiner
Fähigkeit auf die besseren Klassen der Gesellschaft den größten Einfluß auszuüben,
wieder ein Komplement, der O. der Jefuiten, gestiftet von Inigo (Ignaz) von
Loyola 1540, dazu bestimmt, die Ausbreitung des wahren Glaubens namentlich
gegenüber den inneren Feinden der Kirche durch Predigt, Werkthätigkeit, Beein-
flussung des Jugendunterrichts und Benutzung des Beichtstuhls zu fördern. Seine
Organisation bezweckt die vollkommenste Beherrschung der menschlichen Gemüther.
Zu diesem Behufe besteht die Verpflichtung des unbedingtesten Gehorsams gegen die
O. gesetze und das Recht des Generals, jedes Mitglied in der ihm passend erscheinen-
den Weise zu den O #zwecken zu verwenden. Hiermit aber nicht genug, soll auch,
um den O. zu vollkommen einheitlichem Handeln zu befähigen, den Angehörigen die
Uniformität im Denken eingeimpft werden. Dazu dienen die von Ignaz selbst er-
fundenen geistlichen Uebungen (exercitia spiritualia). Diese enthalten eine metho-
dische Anweisung zur eigenen Meditation über die verschiedenen Gegenstände der
kirchlichen Lehre und die christliche Heiligung und werden vier Wochen hindurch
unter Leitung eines Dirigenten vorgenommen. Sie sind so eingerichtet, daß sie den
Betrachtenden durch alle möglichen Stufen des Gefühls führen, alle Seiten der Em-
pfindungen anschlagen und unter Erregung der Phantasie und Umstrickung der Ver-
nunft die wirkliche Frömmigkeit, wie den schwärmerischsten Fanatismus in Bewegung
setzen, um schließlich den Meditirenden willenlos, aber anscheinend freiwillig zu der
Unterwerfung unter die Autorität der Kirche und der Oberen zu führen. Die Mit-
glieder des Jesuiten-O. zerfallen in vier Klassen: 1) Die Novizen, deren Auf-
nahme eine Prüfung ihrer Verhältnisse und Intentionen, sowie die Vornahme der
Exerzitien vorausgeht, leben in einem Novizenhause nach einer Tagesordnung, die
theilweise bis zu den Viertelstunden die Beschäftigung genau vorschreibt. Nach
zweijährigem Noviziat kann der Novize in die zweite Klasse 2) der Scholastiker
treten, indem er gleichzeitig die drei Gelübde der Armuth, der Keuschheit und des