Privatanklage. 181
ziehung des Antrages, wenn sie überhaupt noch in Betracht käme, der Endtermin
nach § 64 des Straf GB. mit der „Verkündung eines auf Strafe lautenden Urtheils“
zusammenfallen, so daß ein Zeitpunkt gedacht werden kann, wo zwar die P., aber
nicht der in ihr enthaltene Antrag, zurückgenommen werden kann.
Hierzu tritt dann noch der Einfluß der Möglichkeit der Privatklage auf die
Kompetenz. Im Falle der Privatklage ist nämlich die Zuständigkeit des Schöffen-
gerichtes begründet (§ 27 Nr. 3 des GVG.); tritt dagegen wegen dieser Delikte die
Staatsanwaltschaft ein, so ist die Strafkammer zuständig, kann aber auf Antrag der
Staatsanwaltschaft die Verhandlung und Entscheidung dem Schöffengericht über-
weisen (§ 75 Nr. 4 des GV.). Die Staatsanwaltschaft, welche hier gemeint ist,
ist sicher die am Landgericht, nicht der Amtsanwalt. Es ist also klar, daß der
zur Privatklage Berechtigte, wenn er sich vorerst auf einen Antrag beschränken will,
sich an den Staatsanwalt am Landgericht wendet. Thut' er dies nicht und be-
faßt das Schöffengericht direkt mit seiner Klage, so entsteht nun die Frage, an
wen die nach § 422 vorgeschriebene Mittheilung der Anklageschrift an die Staats-
anwaltschaft zur Kenntnißnahme und die nach § 417 Abs. 1 stattfindende Be-
kanntmachung des Termins zur Hauptverhandlung zu ergehen hat? Da nicht zu
bezweifeln ist, daß die einmal begründete Kompetenz des Schöffengerichtes durch die
nachträgliche Uebernahme nicht mehr berührt wird, und da im Allgemeinen an-
zunehmen ist, daß Anordnungen, welche die „Staatsanwaltschaft“ betreffen, zunächst
den Beamten angehen, welcher bei dem zuständigen Gerichte bestellt ist, muß die im
§ 417 der StrafP O. angeordnete Bekanntmachung des zur Hauptverhandlung be-
stimmten Termines der Amtsanwaltschaft zukommen. Das Gleiche will v. Schwarze
auch bezüglich der Mittheilung der Anklageschrift und er kann dafür das eben
erwähnte Moment und die aus dem entgegengesetzten Vorgange entstehende Ueber-
lastung der Staatsanwaltschaft am Landgericht geltend machen. Für die entgegen-
gesetzte Auffassung Löwe's spricht allerdings, daß in diesem Moment die Zu-
ständigkeit des Schöffengerichtes noch nicht sichergestellt ist, da beim Einschreiten
der Staatsanwaltschaft das Landgericht zuständig ist, und daß es bedenklich ist, daß
dem bei letzterem bestellten Staatsanwalt der Amtsanwalt vorgreifen kann. Allein
immerhin ist das nur ein Bedenken de lege ferenda; das Gesetz selbst aber scheint
durch sein Schweigen für den Amtsanwalt zu entscheiden.
Das Herüberragen civilprozessualischer Momente äußert sich 1) in dem
(bei in derselben Gemeinde Wohnenden) obligatorischen Sühneversuch bei
Beleidigungen (§ 420), welcher ja direkt nur einen Vergleich über das Fundament
einer Strafklage bezwecken kann, eine sehr empfindliche Erschwerung des Verfahrens,
da der Sühneversuch der Erhebung der Klage vorangehen muß, einen Gang zum
Vergleichsamt (allerdings nur innerhalb des Gemeindebezirkes) nöthig macht und große
Vorsicht fordert, damit inzwischen nicht die Antragsfrist ablaufe; gar leicht können
drei Schriftstücke vor Beginn des Verfahrens nöthig sein: der Antrag, die Anrufung
des Vergleichsamtes, die Anklageschrift. (Anderer Meinung v. Schwarze, Er-
örterungen, S. 45, 46, welcher nachzuweisen sucht, daß während der Schwebe des
Sühneversuches die Antragsfrist stille steht, wobei jedoch zu bemerken ist, daß die
Antrags frist durch das Reichsstrafgesetz geregelt ist, das von Sühneversuch nichts
weiß.) 2) In den Bestimmungen über Sicherheitsleistung, Armenrecht
(§ 419) und Kosten (§ 503 Abs. 2 u. 3 der StrafP O.; 8§ 83 u. 84 des Gerichts-
kostengesetzes). In ersterer Hinsicht ist namentlich schon über den Einfluß der Ver-
säumung der Sicherheitsleistung Meinungsverschiedenheit entstanden; Keller, Dochow
und v. Schwarze halten die Erneuerung der Privatklage als einer zurückgenommenen
(5 432 der StrafP O.) auch in diesem Falle für unzulässig, während Löwe (mit
Unrecht) meint, auch hierin müßten die im § 419 angerufenen Normen der CPO.
maßgebend sein, welche unter gleicher Voraussetzung die erneuerte Erhebung der Klage
gestatte. — Streitig ist auch der subjektive und objektive Umfang des Armenrechts