Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Prokura. 191 
dem HGB. üblich und bezeichnete auch früher den generellen Auftrag, geschäftliche 
Dispositionen zu treffen, doch war hiermit so wenig wie mit ähnlichen Ausdrücken: 
Faktor, Disponent, Handlungsvorstand, ein bestimmter Kreis von Befsugnissen 
angedeutet; höchstens bestimmten die Gesetze subsidiär, was in der P. enthalten sein 
sollte. Die gewichtigste Neuerung des HG#. besteht darin, daß dieser Inhalt absolut 
geworden und allen willkürlichen Abänderungen entzogen ist. Die P. ermächtigt 
danach zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, einschließlich der- 
jenigen, die sonst eine Spezialvollmacht erfordern. Voraussetzung ist zwar: es sollen 
solche Rechtshandlungen sein, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, 
doch ist dabei nicht etwa an das konkrete Geschäft des Prinzipals gedacht, sondern 
an den Handelsverkehr im Allgemeinen, so daß überhaupt keinerlei vermögensrecht- 
liche Handlungen ausgeschlossen sind. Davon finden nur zwei Ausnahmen statt: 
der Prokurist hat ohne spezielle Ermächtigung keine Befugniß zur Veräußerung und 
Belastung von Grundstücken und er kann die P. nicht ihrem ganzen Umfange nach 
auf einen Anderen übertragen. Alle anderen Einschränkungen, welcher Art sie auch 
sein mögen, selbst Bedingungen, Zeitbestimmungen, sind Dritten gegenüber ganz 
unwirksam und gelten als nicht geschrieben. Aber wol zu beachten ist, daß diese 
Unwirksamkeit sich eben nur auf das Verhältniß zwischen Prokuristen und Dritten 
bezieht; dergleichen Einschränkungen können vollständig wirksam sein als Instruktionen, 
soweit das Verhältniß zwischen Prinzipal und Prokuristen in Frage kommt. 
Keine Ausnahmen von der Regel sind es, daß a) ein Prinzipal, der mehrere 
Handelsniederlassungen unter verschiedenen Firmen besitzt, einen Prokuristen mit der 
Ermächtigung ernennen kann, nur eine dieser Firmen zu zeichnen, und daß bh eine 
P. an mehrere Personen als Kollektiv-P. ertheilt werden kann, d. h. so daß 
nicht jeder von ihnen für sich, sondern nur sie alle insgesammt (sammt und sonders) 
als Vertreter des Prinzipals zu handeln ermächtigt sein sollen. 
Die Zeichnung der Firma durch den Prokuristen soll in der Weise geschehen, 
daß der Prokurist der Firma einen die P. andeutenden Zusatz und seinen Namen 
beifügt. Bei einer Kollektiv-P. soll jeder Prokurist der Firmenzeichnung seinen 
Namen beifügen. Diese der Uebung des Verkehrs entsprechenden Vorschriften des 
HG. sind indeß bloße leges imper fectae; auch ohne daß diese Formen beobachtet 
worden, kann ein Handeln des Prokuristen für den Prinzipal stattfinden, sofern nur 
die Beziehung auf denselben ersichtlich ist. 
Die P. enthält an sich eine bloße Ermächtigung, zur Uebernahme derselben 
gehört aber stets Willensübereinstimmung zwischen Prinzipal und Prokuristen und 
stets übernimmt der Prokurist zugleich mit der P. die Verpflichtung, weder für eigene 
Rechnung, noch für Rechnung Dritter Handelsgeschäfte zu machen. Daher beruht 
die P. immer auf einem Vertrage und zwar ist das zu Grunde liegende Vertrags- 
verhältniß in der Regel (doch nicht nothwendig) der Engagementsvertrag. 
Die Ertheilung der P. ist an keine bestimmte Form gebunden, nothwendig ist 
nur die deutlich erklärte Absicht des Prinzipals, den Prokuristen in der gesetzlichen 
Weise zu bevollmächtigen. Das H#. hebt besonders hervor, daß dies geschehen 
könne durch Bezeichnung der Vollmacht als P. oder des Bevollmächtigten als 
Prokuristen oder durch die Ermächtigung, die Firma per p. zu zeichnen. Doch sind 
dies nur Beispiele und andere Modi der Bestellung bleiben denkbar und zulässig. 
Die Ertheilung, sowie das Erlöschen der P. sind zum Handeleregister anzu- 
melden. Mit dieser Anmeldung ist im ersten Fall die Zeichnung durch den oder 
die Prokuristen zu verbinden. An die Unterlassung der Anmeldung sind bei der 
Ernennung des Prokuristen blos Ordnungsstrafen geknüpft, bei der Aufhebung der 
P. auch die Folgen der sog. relativen Nichtigkeit, d. h. wenn die Thatsache der 
Aufhebung nicht ins Handelsregister eingetragen ist, kann dieselbe dritten Personen 
nur dann entgegengesetzt werden, wenn ihnen die positive Kenntniß hiervon nach- 
gewiesen wird. Anderen Falles muß jeder Dritte die Aufhebung der P. gegen sich
	        
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