Prozeßleitung. 219
Gehörs und der mit ihm zusammenhängenden Abgebung und Bekanntmachung von
Ladungs= und Kommunikativdekreten, durch Erlaß von Endurtheil oder Beweis-
interlokut sammt Normirung, Anordnung und Leitung der Beweis= bzw. Gegen-
beweisführung, durch Ladung oder Anordnung von Zwangsemitteln gegen Zeugen,
Vereidigung und Vernehmung von Zeugen nach oder ohne vorgängige Abgabe eines
Produktionserkenntnisses u. dgl. m., so viele Ausnahmen, daß bereits Bayer die
Geltung der Gönner'schen Regel für den ordentlichen Prozeß verworfen hat. Es
ist vielmehr im Gem. Recht wesentlich von der offiziellen P. auszugehen, und im
Anschluß an Mevius und J. H. Böhmer und im Anhalt daran, daß im Ge-
meinen Prozeß ursprünglich nur für die Klage ein Antrag erforderlich war, daß später
das Interesse an möglichst eigener Wahrnehmung der Rechte die Anwälte den Antrag
an jedes Rechtsverfolgungsmittel hat anhängen lassen, Gesetz oder konstanter Ge-
brauch oder communis opinio doctorum aber die Nothwendigkeit nur für wenige von
ihnen bestätigt haben, ein Antrag nur zu fordern: für die Geltendmachung materieller
Ansprüche, also für die Klage und die Judikatsklage oder das Exekutionsgesuch,
für Kosten-, Armenrechts-, Arrest= und Kautionsansprüche mit Ausnahme der auch
von Amtswegen zu erfordernden Kaution für Arrestanlagen, sodann für Editions-,
Interventions= und Reassumtionsansprüche, für die den Klagen gleichbehandelten
Rechtsmittel und Provokationen, ferner für Dilationen und Prorogationen, für
peremtorische Auflagen und für Erkennung peremtorisch vom Richter angedrohter
Ungehorsamsnachtheile, während andere Ungehorsamsnachtheile ipso jure eintreten.
Vergleicht man damit die Bestimmungen der CPO., so ist zuvörderst hervorzuheben,
daß sie eine prinzipielle Regelung, wann auf Antrag und wann von Amtswegen
zu handeln sei, nicht getroffen, sondern die Frage nur im Einzelnen, aber wiederum,
wie z. B. die Vorschriften der §§ 74, 266, 269 ergeben, nicht überall entschieden
hat, so daß die Frage entsteht und von Jedem nach seinem Sinne beantwortet
werden wird, ob der Richter sofort von Amtswegen die Verlesung der Anträge aus
den Schriftsätzen verordnen, eine Glaubhaftmachung ohne sofort aufnehmbare Be-
weismittel als unstatthaft ohne Antrag verwerfen, auf eine Klageschrift im Anwalts-
prozeß, welche nicht von einem zugelassenen Anwalt abgefaßt ist, den Termin an-
setzen und den Antrag aus derselben im Termin verlesen lassen darf. Hiernach die
Bestimmungen im Ganzen angesehen, läßt sich allerdings nicht leugnen, daß das
Gebiet des Antrags und der Parteiinitiative Erweiterungen erfahren hat. Ein Theil
derselben hängt jedoch mit Neuerungen zusammen, welche die CP O. getroffen: so das
Erforderniß der Einrede bei Mängeln der Vollmacht im Anwaltsprozeß und die
Zulassung der Partei zum Worte neben ihrem Anwalt, sodann die in Konsequenz des
Selbstbetriebes der Parteien eingeführten Parteiladungen und Parteizustellungen (val.
die Art. Ladung und Zustellung) sammt den Anträgen auf Bescheinigung der
Rechtskraft und auf Ertheilung vollstreckbarer Ausfertigungen, den Klagen auf Voll-
streckungsklausel oder auf Vollstreckungsurtheil, den Einwendungen gegen die Voll-
streckungsklausel und den Klagen aus solchen Einwendungen, ferner die Klagen aus
Einwendungen gegen den Anspruch, die Klagen auf Vorzugsbefriedigung, ferner die
Feststellungs= und Inzidentfeststellungsklagen, die Anträge auf Verweisung vor das
zuständige Gericht, der Widerspruch gegen erklärte Nebenintervention u. dgl. m. Als
gänzliche oder theilweise Abänderungen der oben dargelegten gemeinrechtlichen Verhältnisse
stellen sich dagegen dar: die Anträge auf außerordentliche Prozedurarten, die Anträge
auf Verhandlung der Hauptsache nach Verwerfung der sog. prozeßhindernden Einreden
und auf Verhandlung über den Betrag des Anspruchs nach anerkennender Entscheidung
über seinen Grund, der aus eigener Initiative von der Partei zu erhebende Wider-
spruch gegen angelegte Arreste, die Nothwendigkeit der Anfechtung von nicht be-
glaubigten Vollmachten, der Wegfall der Anträge auf peremtorische Auflagen, wenn-
gleich sie in den Gesuchen um Zahlungsbefehle und Aufgebote noch implicite ent-
halten sind, der Wegfall der Präklusion für Versäumniß der Anmeldefrist im Konkurse