Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Prozeßleitung. 221 
nicht prozeßfähiger oder der Ermächtigung ermangelnder Vertreter, Entscheidung über 
Kautionsleistung nicht mit Vollmacht versehener Vertreter, Zurückweisung von Winkel- 
advokaten, Dispensation von Gerichtspersonen wegen Ausschließung kraft Gesetzes 
oder Befangenheit; die etwaige Anordnung mündlicher Verhandlung bzw. Anhörung 
der Betheiligten oder des Schuldners oder Gegners bei Ablehnung oder Dispensation 
von Gerichtspersonen oder Sachverständigen 2c. bei Bebürdung von Gerichts- 
schreibern 2c. mit Prozeßkosten, bei Festsetzung der Prozeßkosten und Armenrecht, bei 
Anlegung von Arresten und Provisorien, bei Beschwerden 2c.; sodann die Eröffnung, 
Schließung, Wiedereröffnung der Verhandlung in den Terminen, die Gewährung und 
Entziehung des Wortes, Zulassung des Deutschen nicht mächtiger Parteien zum Wort 
im Anwaltsprozeß, Zulassung tauber Parteien zum Vortrag, Zuziehung von Dolmetschern 
zur Verständigung mit tauben, stummen und des Deutschen nicht mächtigen Per- 
sonen, Untersagung weiteren Vortrags wegen Unfähigkeit außer bei Rechtsanwälten, 
die Einhaltung der Oeffentlichkeit und deren Ausschließung bei Gefahr für öffentliche 
Ruhe und Sittlichkeit und bei Vernehmung Entmündigter im landgerichtlichen Ver- 
fahren, die Anordnung der Verbindung, Trennung, Reihenfolge und Sistirung der 
Prozesse, der abgesonderten Verhandlung in Rechnungs= und ähnlichen Sachen und über 
einzelne Angriffs= und Vertheidigungsmittel, insbesondere über prozeßhindernde Ein- 
reden, Wiedereinsetzung und Wiederaufnahme; Anordnung der Verlesung der An- 
träge im Anwaltsprozeß; Einsetzung von Kommissarien und Requisition von Gerichten 
für Vernehmungen, für Beweisaufnahmen und in Rechnungs= und ähnlichen Sachen; 
Beweisaufnahme und Anordnung solcher durch Beweisbeschluß; Ladung, Bestrafung, 
Verwarnung, Vereidigung und Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen 
u. dgl. m. — Wenn hiernach, soweit nicht Neuordnungen vorliegen, gegenüber den 
dargelegten Grundsätzen des Gem. Rechts sich in der That eine theilweise Erweiterung 
des Dispositions= und Antragsprinzips bezüglich der P. ergiebt, so erhellt, daß auch 
die Regel: non eat ultra petita partium, welche im Gem. Recht für Sachgesuche 
ausnahmslos, für Prozeßgesuche dagegen nach den Regeln: jura novit curia und 
iudex de jure semper supplere potest nicht gilt, in der Deutschen CPO., die 
jedoch für die Erstattung der Prozeßkosten keinen Antrag fordert, gleichfalls eine Er- 
weiterung erfahren haben muß. Denn wo die Entscheidung an den Antrag gebunden 
ist, würde jede über den Antrag hinausgehende Entscheidung zu einer nicht bean- 
tragten werden. Ein Antrag auf Verkürzung der Einlassungsfrist bis auf drei Tage 
berechtigt darum nicht zur Verkürzung bis auf einen Tag, und Berufungs= und 
Revisionsanträge, wenn sie Aufhebung des Verfahrens, aber nicht bis zum ver- 
letzenden Akte zurück beantragen, werden nicht ex oftcio ergänzt werden dürfen, 
sondern wo sie verfehlt sind und kein Interesse haben, zurückgewiesen werden müssen, 
wogegen bei Beschwerde und Wiederaufnahme nicht die Anträge, sondern die Be- 
schwerdegründe maßgebend sind. — Endlich das Vorbringen der Parteien anlangend, 
so liegt es in der Natur der Sache, daß die Parteien Thatsachen und Beweise, auf 
welche sie ihre Rechtsverfolgung gründen, dem Richter, der ihre Verhältnisse nicht 
kennt, an die Hand zu geben haben. Aber die Frage ist die, ob der Richter sich 
lediglich an das von den Parteien Vorgebrachte zu halten verpflichtet ist, oder ob 
er die Parteien auf Lücken, Fehlgriffe, Zweifelhaftes mittels des sog. Fragerechts, 
welches Wach zutreffend als Recht, mit der Partei überhaupt zu sprechen, erklärt, 
aufmerksam machen und sie dadurch zu Aufklärungen, Berichtigungen und Ergänzungen 
veranlassen darf und ob er wol gar zu selbständigen Ermittelungen und zu Berichtigungen 
und Ergänzungen nach eigenem Wissen zu schreiten befugt ist. Gönner hat sich für 
die erstere Alternative auf die Regel: quod non est in actis, non est in mundo be- 
rufen, welche jedoch dem Richter eine Passivität aufnöthigt, die ihn zu Gunsten selbst 
einer solchen Partei zu entscheiden zwingt, welche offen erklärt, mit der Wahrheit 
und entscheidenden bestimmten Beweismitteln zurückhalten zu wollen. Wie weit
	        
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