Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Publizität. 237 
um einen früher entstandenen Titel, einen Rechtsgrund eines Andern zur Eintragung 
wußte. Dem entgegen ist in neuester Zeit ein erhöhtes Gewicht auf Ausscheidung 
der obligatorischen oder sonstigen Veranlassungsgründe von der wirklichen Begründung 
dinglicher Rechte an Grundstücken gelegt. 
Die neueste Preuß. Gesetzgebung hat ausdrücklich bestimmt, daß die Kenntniß 
eines älteren Rechtsgeschäfts und des dadurch begründeten persönlichen Anspruchs 
auf Auflassung einem Andern in seinem Eigenthumserwerb nicht entgegensteht. 
Selbst eine frühere Tradition steht nicht entgegen. Jeder Erwerber thut daher gut, 
so bald als möglich seinem Erwerbe die P. zu sichern, also seine Eintragung zu er- 
wirken. Gleichwol ist, Formfehler ausgeschlossen, die Anfechtung der Eintragung 
auch auf Grund des Rechtsgeschäfts zulässig, „in dessen Veranlassung die Auflassung 
erfolgt ist.“ Da die Veranlassung zur Grundschuld lediglich im Willen des Eigen- 
thümers liegt, so gelten zwar nicht bei ihr, aber doch bei der Hypothek gleiche 
Regeln. Was die Aufstellung von Beschränkungen eingetragener Rechte, sowie von 
eigentlichen Einreden, soweit sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen, wie die Verjährung, 
anbelangt, so wird hier durchgängig der Kundbarmachung derselben im Grundbuch 
die anderweitig erlangte Kenntniß gleich geachtet. 
Wenn demnach das Wesen der P., des öffentlichen Buchglaubens darin ge- 
funden wird, 1) negativ, daß dingliche Rechte durch keine andere als die Form der 
Eintragung, 2) positiv, daß sie auch lediglich nach Maßgabe ihres vor Augen 
liegenden Inhalts begründet und erhalten werden, so ist dies doch nur mit erheb- 
lichen Einschränkungen zu verstehen. Es giebt nicht nur dingliche Rechte (besonders 
Servituten), die nicht der Eintragung bedürfen, sondern es erhellen auch die Rechts- 
verhältnisse weder vollständig, noch unumstößlich aus dem Buch allein. Insbesondere 
ist die früher lebhaft bekämpfte sog. Duplizität des Eigenthums, d. h. die Fortdauer 
eines wahren, z. Z. aber öffentlich nicht anerkannten, neben dem sog. Buch- 
Eigenthum keineswegs beseitigt, noch kann sie füglich beseitigt werden. Ebenso- 
wenig verleiht die P. den Eintragungen von dinglichen Rechten die Kraft abstrakter 
Formalakte. 
Die Rechtswirksamkeit der Eintragungen, „die Rechtskraft der bürgerlichen Ein- 
träge“ (Exner) bestimmt sich nach dem Stande der Gesetzgebung zu der Zeit, da 
sie erfolgt sind. Eine Verstärkung derselben durch Gesetzesänderung überträgt sich 
auf vorhandene Eintragungen nicht; es sei denn dies ausdrücklich angeordnet. Die 
Besitztitelberichtigung der Pfandbücher wird durch deren Umwandlung in Grund- 
bücher nicht in Bucheigenthum verwandelt (s. Dalcke in Gruchot's Arcchiv, 
XVII. 469 ff.). 
Hypothekenscheine sind öffentliche Urkunden, aber nicht die Träger der publica 
tides des Grundbuchs, dessen Inhalt entscheidet, wenn er mit dem des Scheins nicht 
übereinstimmt. Anders bei den Grundschuldbriefen des neuesten Preuß. Rechts. 
Die Grundakten stehen nicht unter dem Schutze des Plprinzips. 
Gsgb. u Lit Preuß. GrundbuchOrdn- § 19, Gesetz über Eigenth.-Erwerb und Be- 
lastungen, ge 7, 10, 11, 15, 38 ff., 49 nebst Kommentaren. — Dernburg, Preuß. 
Privatrecht. 8 200. Derf elbe und Hinrichs, Das Preuß. Hypothekenrecht, I. Abth. (Leipz. 
1877) § 14. — H. Colberg, Ueber die Bedeutung des öffentlichen Glaubens des Hypotheken- 
buchs 5 Aug. LOeR. und des Grundaktes nach dem Gesetz vom 5. Mai 1872 (Halle 1877), 
31 ff., 71 ff., 77 ff., 161 ff. — Aelteres Preuß. Recht s. Prinz, Der Einfluß der 
.rtu3 (Verfassung auf das Sachenrecht (1858). — Grundbuch Ordn. für Stadt und 
ebiet von Hamburg vom 4. Dez. 1868, 58§ 2, 4, 6, 7, 28, 33—36. — v. Wächter, Die 
Einträge in die Gerichtsbücher und zhre Bedeutung für die Sicherung und die Natur der ein- 
getragenen Rechte nach Württemb. Recht, in seinen Erörterungen, Heft 1 S. 137 ff. (1845). — 
Regelsberger, Studien zum Bayerischen HWothelenrecht- S. 78 ff. (1872). — Sisg 
mann, Komment. zur Sächs. Hppothelen ardn. S. 8 ff. (1872). — Königr. Sachsen, In- 
struktion v. 9. Januar 1865, §§ 95. — v. Bar, Das Hannoversche Hypothekenrecht, Leipz. 
1871, S. 22 ff. — v. Meibom, 2 Meckienbup#gisch- Hypothekenrecht (Leipz. 1871), 
S. 44 ff. — ode civ. art. 2196—2199 (Abschriften an Jedermann, Wirkung von Aus- 
lassungen). — Sachsen-Weimar, Pfd. Ges. vom 6. Mai 1839, §§ 71 ff.; AussiOrdn. vom
	        
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