Pütter — Quarantäneanstalten. 241
geschriebenen Form, eventuell, wo dasselbe nicht publizirt ist, die Abschließung erst
nach stattgehabtem Aufgebot erforderlich. Unter dieser Voraussetzung gelten die
Kinder, welche bis zu der sicheren Kenntniß der Ehegatten von der Nichtigkeit der
Ehe, eventuell bis zur richterlichen Nullitätserklärung der letzteren erzeugt sind,
für ehelich. Dasselbe muß auch für die evangelische Kirche gelten, sofern hier die
Eheeingehungsform beobachtet ist, da ein bloßer Rechtsirrthum die Ehe nie zur
putativen machen kann. Für das Gebiet des Gem. Rechts hat die P. weiter die
Wirkung, daß zu Gunsten des gutgläubigen Gatten auch die von der Eheschließung
ab bis zu den vorhin gedachten Zeitpunkten hinsichtlich des Vermögens eingetretenen
Wirkungen so behandelt werden, als ob eine wahre Ehe vorgelegen hätte. Das
Preuß. Allg. LR. giebt den Kindern aus einer P. bald die Rechte von ehelichen
Kindern im Verhältniß zu ihren unmittelbaren Eltern und unter sich mit Gewährung
des Namens der Mutter und unter Ausschluß aller Verwandtschaftsrechte zu den
Verwandten der Eltern, bald nur die Rechte von Kindern aus einer Ehe zur linken
Hand (Th. II. Tit. 2 88§ 50 ff.); ferner stellt es kafnistisch abgestufte Regeln für
die Vermögensverhältnisse der Ehegatten auf (Th. II. Tit. 1 §§ 952 ff.). Das
Oesterr. BGB. (§ 160) steht hinsichtlich der Wirkung der P. für die Kinder auf dem
Boden des Gem. Rechts, während es, was die güterrechtlichen Verhältnisse betrifft,
die Ehepakten zusammenfallen und das Vermögen in den vorigen Stand, vorbehalt-
lich der Entschädigungspflicht des Schuldigen gegenüber dem Unschuldigen, zurück-
kehren läßt (§§ 102, 1285). Dagegen hat das Sächs. BGB. (8§ 1628, 1782) das
Gem. Recht in vollem Umfang adoptirt, und damit stimmt auch der Code civ. art.
201, 202 überein.
Quellen u. Lit.: c. 2, 8, 10, 14 X. qui fili sint legitimi, IV. 17. — J. N. Hertius,
De matrimonio putativo, Giess. 1690 (opusc. Vol. I. tom. I. p. 245 ss.). — E. C. West-
phal, De veris casibus matrimonüt putativi, Halae 1758. — J. H. Boehmer, Jus
ecclesiast. Protestant., lib. IV. tit. 17 88 36 ss. „P. Hinschius.
Pütter, Johann Stephan; Pütter, K. Th. und Püttmann, Josias
Ludwig Ernst, s. im Anhang.
O.
Quarantäneanstalten. Ouarantänen sind Anstalten, in welchen ankommende
Personen, Schiffe, Waaren u. s. w. einer — ursprünglich 40 tägigen — Isolirung und
Beobachtung bzw. einer Desinfizirung unterworfen werden (Beobachtungsquarantäne,
Reinigungsquarantäne). Die angefochtene, aber auch jetzt noch vorherrschende Ansicht
von der Uebertragbarkeit der orientalischen Pest und anderer Seuchen durch Berüh-
rung Kranker oder infizirter Gegenstände hat zu Abschließungsmaßregeln gegen die-
jenigen Länder, in denen diese Krankheiten herrschen, geführt. Solche Abschließungs-
maßregeln bestehen theils in gänzlicher Absperrung der Grenze mit bestimmten, durch
Ouarantänen gesicherten Eintrittsstellen, theils in Ueberwachung der aus seuchen-
verdächtigen Ländern kommenden Personen oder Waaren, namentlich seewärts ein-
gehender Schiffe. Ouarantänen als Eintrittsstellen für den Seeverkehr befinden sich
in fast allen größeren Häfen Europa's, namentlich in denen des Mittelmeers (die
Norddeutschen Seestaaten und Dänemark benutzen die Löschungs= und Reinigungs-O.
zu Känsfö bei Gothenburg); Absperrungen der Landgrenze durch Militärkordons
können stehend (Rumänien, Oesterreich. Militärgrenze gegen die Türkei), oder vorüber-
gehend (Preußen beim ersten Auftreten der Cholera) sein. Die Schwierigkeit, Sperr-
maßregeln streng durchzuführen, und die daraus hervorgehende Zweifelhaftigkeit des
Erfolgs, die Kostspieligkeit der Grenzsperren und QOuarantänen, die Nachtheile, welche
für den Verkehr daraus entspringen, haben diesen Maßregeln viele Gegner erweckt.
v. Holtzendorff, Enec. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 16