Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

250 Querela lnoffielosl. 
dictio, andererseits die Auffassung der individuellen Beschwerde als einer vindictam 
spbirans. OQuerela bedeutet hier wie sonst: Protest-Beschwerde; dieselbe kann der 
Erbschaftsklage vorausgehen oder mit dieser als antigipirte Replik verbunden werden. 
Im Uebrigen sind drei Fälle zu unterscheiden: 1) Pflichtwidrige gänzliche Aus- 
schließung vom Pflichttheil im Testament; das Rechtsmittel heißt hier querela (bzw. 
contradictio) inofficiosi testamenti, und ist hereditatis petitio ab intestato mit 
antigipirter Replik (baw. Duplik) des pflichtwidrigen Testaments. Voraussetzungen: 
Ausgeschlossensein vom Pflichttheil durch Enterbung oder Uebergehung, welches un- 
verdiente Kränkung enthalte (die Enterbungsgründe waren vor der Nov. 115 gesetz- 
lich nicht bestimmt); Kläger (bzw. Kontradizent) ist der so verletzte Pflichttheils- 
berechtigte selbst oder, wenn dieser bereits für den Gebrauch der QOuerel sich erklärt 
(protestirt oder den Protest präparirt) hatte, dessen Erben, jedoch Descendenten auch 
abgesehen davon; außer dieser Transmission findet unter mehreren Berechtigten gleich- 
wie bei der Intestaterbfolge selbst auch Accreszenz statt, endlich eventuell eine er- 
neuerte Delation des Beschwerderechts an nachstehende Pflichttheilserben. Beklagter 
(bzw. Kontradikt) ist der eingesetzte Erbe, oder einer von mehreren Eingesetzten, oder 
endlich wer heredis loco ist; allein selbstverständlich nicht blos dann, wenn derselbe 
die Erbschaft besitzt. Wirkungen: a) Beseitigung (Rescission) des inoffiziosen Testa- 
ments, und zwar ganz oder theilweise, letzteres wenn nicht gegen alle Eingesetzten 
geklagt oder durchgedrungen ist, so daß hier dem Erfolge nach letztwillige und gesetz- 
liche Erbfolge nebeneinander stattfinden können; b) Herbeiführung der Intestaterb- 
solge zu Gunsten des Klägers (Kontradizenten), also bald ganz, bald theilweise; 
jedenfalls aber verlangt und erlangt der Kläger nicht etwa blos seinen Pflichttheil, 
sondern den vollen gesetzlichen Erbtheil; das Urtheil bewirkt, wenn ernstlich gestritten 
wurde, auch Dritten gegenüber endgültiges Recht. Außer durch Verzicht oder durch 
Tod des gekränkten Pflichttheilserben ohne vorbereitete Querel erlischt das An- 
fechtungsrecht in fünf Jahren vom Erbschaftsantritt. 2) Pflichtwidrige Verkürzung 
des Pflichttheils durch freigebige Zuwendung unter Lebenden. Gegen Umgehung 
des Pflichttheilschutzes durch doloses oder schuldhaftes Gebahren des Erblassers, dem- 
zufolge der Berechtigte im Nachlasse seinen Pflichttheil nicht vorfindet, gewährten 
Konstitutionen seit Alexander Severus eine gquerela (contradictio) inofficiosae 
donationis vel dotis, die nur insofern der querela inoff. testamenti nachgebildet 
ist, als auch hier Berufung auf Lieblosigkeit des Erblassers und unverdiente Kränkung 
des Pflichttheilsrechts als Klage oder Einrede auftritt und zwar in Form des Protests, 
der antizipirten Replik bzw. Duplik, als endlich Pflichttheilsmaß und Berechtigte 
dieselben sind wie dort. Dagegen ist die Klage keine hereditatis petitio, sondern 
eine persönliche Revokationsklage wider den lieblosen Liberalitätsakt; setzt sie Testator 
und Testament überall nicht voraus, sondern lediglich, daß bei Vergleichung des 
Vermögensbestandes zur Zeit der (angefochtenen) Liberalität mit dem Nachlaßbestande 
zur Todeszeit eine Verkürzung des Pflichttheils sich herausstellt; ist sie gerichtet 
gegen den Empfänger der Liberalität, nicht gegen einen Erben als solchen; bewirkt 
sie nur Aufhebung der Liberalität bis zum Betrage des Pflichttheils, somit keine 
Intestaterbfolge; läuft die Verjährung nicht von einem Erbantritt, sondern vom 
Tode des Erblassers. Uebrigens ist das Recht beider Ouerelen vielfach bestritten. 
3) Bei unvollständiger Zuwendung des Pflichttheils hat nach Justin. Recht der 
unverdient Verletzte stets einen bloßen Ergänzungsanspruch bis zum Betrage des 
vollen Pflichttheils (sog. actio Suppletoria, ad supplementum legitimae) gegen 
die eingesetzten Erben. Dies Rechtsmittel ist nach Einigen eine besondere Klage er 
lege, nach Anderen theilt sie die Natur des Anspruchs aus dem Hinterlassenen (also 
bald hered. petitio, bald Erbtheilungs-, bald Vermächtnißklage 2c.). — Folgt man 
der unseres Erachtens richtigen Ansicht, daß den Notherben der Nov. 115 schlechthin 
eine hereditatis petitio mit antizipirter Replik der verletzten Novellenvorschrift zu- 
steht, welche nur Verdrängung des eingesetzten Erben, nicht aber Umstoßung des ge-
	        
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