Raub. 261
anwendung gegen dieselbe zuschließt, um im Nebenzimmer ungehindert stehlen zu
können. Einige Gesetze fordern zur Entwendung mittels Gewalt gegen die Person
auch Nöthigung des Angegriffenen zur Ueberlassung der Sache. — Der Oesterr.
Entwurf erklärt, daß wegen R. auf Zuchthaus bis zu 10 Jahren oder auf Ge-
fängniß nicht unter 1 Jahr zu erkennen sei, wenn mit Gewalt gegen eine Person
oder unter Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde
bewegliche Sache einem Anderen in rechtswidriger Zueignungsabsicht weggenommen
wird (§ 254). Das Rötraf GGB. (85249) definirt den R. als gewaltsame Wegnahme
in diebischer Absicht und bestraft denselben theils mit Zuchthaus von 5 bis 10 Jahren
schon dann, wenn der R. nicht schwerer qualifizirt ist, ols daß er auf einem öffent-
lichen Wege oder Platze verübt wird, theils mit oder mehr als 10 Jahren Zucht-
haus, wenn dabei ein Mensch gemartert oder durch Mißhandlung getödtet worden
ist, theils mit Gefängniß bei mildernden Umständen. Sind mildernde Umstände
vorhanden, so tritt Gefängniß nicht unter Einem Jahre ein, Der R. zählt zu den
Standgerichtsfällen und kann in dem außerordentlichen Strafverfahren mit Tode be-
straft werden. Auf Zuchthaus von 5—20 Jahren läßt der neue Oesterr. Entwurf
erkennen, wenn eine schwere Körperverletzung oder der Tod des Verletzten durch den
R. herbeigeführt wurde (§ 256), auf Zuchthaus nicht unter 10 Jahren oder lebens-
länglich das Deutsche StrafGB. (§ 251). Einfacher Raub wird bei mildernden
Umständen mit Gefängniß nicht unter 6 Monaten im § 249 des RStraf GB. be-
droht. Nicht unter 5 Jahren Zuchthaus bei schwerem Raub in fünf Fällen.
Auf den Werth der geraubten Sache kommt es nicht an, wol aber darauf,
ob die Gewaltanwendung mittels Drohung oder gewaltthätiger Handanlegung, von
einem Einzelnen oder mit Raubgenossen, mit Waffen, von einem Rückfälligen 2c.
unternommen worden ist.
Das ältere Röm. Recht betrachtet den R. als kfurtum, bis derselbe in der actio
Vi bonorum raptorum als selbständiger Begriff der rapina bestimmt wird; allmählich
werden einzelne Fälle des R. strafbar, der R. in Waffen, der Straßen-R. latrones,
grassatores mit krimineller Energie verfolgt. Im Germanischen Alterthum machte
nur ein Uebermaß von Gewalt oder an Wehrlosen verübte Gewalt, den R. unehrlich.
Seinen in offenem Kampf erlegten Feind berauben galt für ehrenvoll; heimliche
Entwendung erscheint strafbarer und schimpflicher als R. Später ist das Verhältniß
der Strafbarkeit von Diebstahl und R. umgedreht und schon die älteren Reichsgesetze
und Rechtsbücher strafen die Räuber am Leben. Unter der Voraussetzung recht-
mäßiger Fehde war auch der R. erlaubt, eine neuerlich bestrittene Thatsache des
mittelalterlichen Fehderechts. Seit den Kapitularien hat das latrocinium eine über
die mit Gewalt begangene Entwendung hinausgehende Bedeutung durch das Ueber-
handnehmen der Räuberbanden, die rauben, sengen, plündern, wodurch dasselbe als
Friedensbruch den schärfsten öffentlichen Strafen verfällt. Von der Strenge der
CCC, welche dem Räuber mit der Schwertstrafe droht, wich die spätere gemeinrecht-
liche Doktrin durch Individualisirung der verschiedenen ausgezeichneten Fälle des
Verbrechens ab und beschränkte die Todesstrafe nur auf die schwersten Fälle. Der
traditionelle Zug zu Abschreckungsstrafen erhielt sich bis zum heutigen Strafrechte,
welches den R. vorwiegend als Verbrechen wider das Vermögen auffaßt.
gh „Strasgel: Deutsches Reich §§ 249, 250, 251, 255, 258, 261. — Oesterr. Entwurf 1874
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Lit.: Rubo, Kommentar (1879), S. 853. — Berner, Lehrb. (1881), S. 549. — v. Buri,
Gerichtssaal, Beil. (1879). — Wilda, Strafrecht der Germanen, S. 910 ff. — Osenbrüggen,
Alaman. Strafrecht, S. 309—314. —vo.7 Holtzendorff, Handb. d. Deutschen Strafrechts, 1874,
III. 716. — Hälschner, Freuß. Strafrecht, III. 520 ff. — Glaser, Abhandlungen aus
dem Oesterr. Strafrecht, 1858, S. 93. — Sammlung strafrechtlicher Entscheidungen des
Kassationshofes, Wien 1873. — Schütze, Lehrb., 2. Aufl. 1874, 419, 448, 457. — Golt-
dammer, Arch., XV. 345. — HDienbrügen. Abhandlungen aus dem Strafrecht 1857,
S. 84—92. — Köstlin, Abh., S. 389. Wahlberg.