Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Raufhandel. 263 
Theilnahme an einer „Körperverletzung“ (8 223). 2) Kann bei einer Schlägerei 
oder einem von Mehreren gemachten Angriffe es festgestellt werden, was der einzelne 
Angeklagte gethan hat, so tritt diejenige Strafe ein, welche durch die dem An- 
geklagten nachgewiesene Handlung verwirkt ist, und nicht die lediglich auf Präsumtion 
beruhende Strafe des § 227. Ist jedoch die letztere die schwerere, so ist sie in 
Anwendung zu bringen. Stünde es z. B. fest, daß dieser Angeklagte bei der 
Schlägerei sich nicht weiter betheiligt habe, als daß er dem Getödteten einen leichten 
Schlag versetzte, so wird doch die Strafe wegen „Betheiligung an der Schlägerei“ 
als die schwerere in Anwendung zu bringen sein. 3) Die Strafe wegen „Be- 
theiligung an der Schlägerei“ wird dadurch, daß der Getödtete oder der körperlich 
schwer Verletzte sich an der Schlägerei betheiligte oder dieselbe vielleicht gar pro- 
vozirte, nicht ausgeschlossen. Die Möglichkeit, daß auch der bei der Schlägerei Ver- 
letzte zur Strafe gezogen würde, bleibt nicht ausgeschlossen; z. B. die Schlägerei hat 
das Resultat, daß ein Mensch todt auf dem Platze bleibt, der andere eine schwere 
Körperverletzung (§ 224) davon trägt. Von letzterem aber wird es erwiesen, daß 
er dem Getödteten eine der Wunden beigebracht, welche durch ihr Zusammentreffen 
mit anderen Verwundungen den Tod des Verletzten verursachten. In diesem Falle 
würde derjenige, welcher die schwere Körperverletzung davon getragen, in Gemäßheit 
des § 227 Abs. 2 zu strafen sein, wie ihn denn auch die Strafe des § 226 treffen 
müßte, falls erwiesen wäre, daß die todtbringende Verletzung von ihm herrühre. 
Bei der „Schlägerei“ ist eben Jeder daran Betheiligte sowol Angreifer, wie auch 
Angegriffener, und hierdurch unterscheidet sich die „Schlägerei“ von dem „von 
Mehreren gemachten Angriff“, bei welchem letzteren die „Mehreren“ — zwei ge- 
nügen — nur als Angreifer, und der Angegriffene nur als solcher zu denken ist. 
4) Der Begriff der „Schlägerei“ schließt es nicht aus, daß nicht die Absicht, „eine 
Schlägerei zu veranlassen“, gefaßt werden könnte; aber es ist nicht erforderlich, daß 
dieses Moment thatsächlich festgestellt werde; vielmehr genügt die Feststellung, daß 
der Angeklagte sich bei einer, gleichviel wie entstandenen, Schlägerei betheiligt 
habe. Bei dem „von Mehreren gemachten Angriff“ ist es nur erforderlich, daß die 
Thatsache des von Mehreren gemachten Angriffes festgestellt werde. Daß die 
Mehreren den Angriff verabredet haben, braucht dagegen ebensowenig festgestellt zu 
werden, wie daß der Angriff den Tod oder die schwere Körperverletzung des An- 
gegriffenen habe herbeiführen sollen; wennschon, falls dieses festgestellt würde, hier- 
durch die Anwendbarkeit des § 227 nicht ausgeschlossen zu werden braucht. Denn 
weder das Komplott, noch auch die von jedem der Komplottanten gefaßte Absicht, 
den Anzugreifenden zu tödten, resp. demselben eine schwere Körperverletzung zuzufügen, 
garantiren die Möglichkeit des Nachweises dafür, daß dieser Angeklagte dieses und 
jener Angeklagte jenes gethan habe; vielmehr wird trotz jener Feststellungen es 
zweifelhaft bleiben können, was der Einzelne der Komplottanten zur Herbeiführung 
des eingetretenen Erfolges beigetragen habe. Und dieses genügt, um die Vorschrift 
des § 227 in Anwendung zu bringen. 5) Der Umstand, daß Jemand ohne sein 
Verschulden in die Schlägerei — nach den Worten des § 227 müßte man auch 
von einem unverschuldeten Hineinziehen in den von Mehreren begangenen Angriff 
sprechen können, vgl. jedoch die Wortfassung von § 367 Nr. 10 — hineingezogen 
worden ist, bildet einen Strafausschließungsgrund von der „Betheiligung an der 
Schlägerei“; aber auch nur von dieser. Denn würde es festgestellt, daß Jemand 
zwar ohne sein Verschulden in die Schlägerei hineingezogen worden, daß er aber, 
ohne daß dies durch die Zwecke der Nothwehr geboten gewesen, einem Anderen eine 
Körperverletzung im Sinne des § 223 zugefügt hätte, so würde zwar die Straf- 
vorschrift der §§ 227, 228, nicht aber die des § 223 unanwendbar werden. Auch 
würde der ohne sein Verschulden in die Schlägerei Hineingezogene nach § 367 
Nr. 10 zu strafen sein, falls die dort angegebenen Voraussetzungen zuträfen, selbst 
wenn es feststände, daß er keine Verletzung herbeigeführt hätte. 6) Wenn außer der
	        
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