Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Rechtsmittel. 293 
erfordern. Inwieweit aber die einzelnen R. die Sache an den höheren Richter 
bringen, ob nur zur Entscheidung über Aufrechthaltung oder Aufhebung des an- 
gefochtenen Richterspruches, oder auch zur Abgabe des an die Stelle des aufgehobenen zu 
setzenden neuen Ausspruches, darüber vgl. die betr. Spezialartikel. Die uneigentlichen 
R. der RePO. ermangeln des Devolutiveffektes sämmtlich. 3) In ordentliche und 
außerordentliche R., meist (vgl. über den verschiedenen Sinn, der mit dieser Ein- 
theilung verbunden wird, Renaud, Lehrb., § 172 zu N. 3; Bolgiano, Zeitschr. 
für Deutschen Civ. Prz., II. S. 114) je nachdem ein R. binnen der für die R. 
regelmäßig bestimmten Frist gebraucht werden muß oder an dieselbe nicht gebunden 
ist. Ordentliche R. waren nach Gemeinem Recht lediglich die Appellation (die 
duerela nullitatis sanabilis ist in dieser seit dem JIRA. § 121 ausgegangen) und die 
Revision. Was aber unser Reichsrecht angeht, so ist es „sicherlich ein Verdienst der 
neuen RCPO., die zweifelhaften Ausdrücke ordentliche und außerordentliche R. ver- 
mieden zu haben“ (Hinschius, S. 1). Die alte Terminologie darf auch weder 
auf Grund des § 19 noch des § 20 des Ebc. zur CPO. im neuen Recht wieder- 
gefunden werden; beide sind nur für das Uebergangsstadium aufgestellt, und auch 
§ 20 (an welchen sich Bolgiano, nachdem er den § 19 aufgegeben hat, noch an- 
klammert) enthält lediglich eine zur Vermittlung des Ueberganges aufgestellte Ver- 
gleichung der Nichtigkeits= und der Restitutionsklage mit den außerordentlichen R. 
des Gemeinen Prozesses. 
IV. Wass schließlich das Verfahren anlangt, so normiren für dasselbe bei der 
Nichtigkeits= und Restitutionsklage, eben weil sie an sich nichts als gewöhnliche 
Klagen sind, zunächst und im Ganzen die für die Erhebung und Durchführung von 
Klagen überhaupt geltenden Vorschriften (vgl. RPO. § 548); weil sie aber doch 
zugleich gegen ein richterliches Urtheil gerichtete Angriffsmittel sind, so stehen sie 
allerdings nicht nur unter besonderen, den Zusammenhang mit dem Vorprozeß 
wahrenden Kompetenzvorschriften (RopPO. § 547; vgl. mit Wetzell, System, § 53 
zu N. 98 ff. und § 60 zu N. 41 ff.), sondern sind den R. auch darin angenähert, 
daß sie gleich diesen besonderen Vorschriften über Statthaftigkeit, Form und Frist, 
sowie der Offizialprüfung des Gerichts hinsichtlich des Vorhandenseins dieser Voraus- 
setzungen unterliegen (vgl. weiter unten und einstweilen §§ 549, 552 der RPO.). 
Hinsichtlich des Verfahrens beim Einspruch fs. diesen Art. Bezüglich der eigent- 
lichen R. aber ist die alte Weitläufigkeit eines getrennten Verfahrens beim judes 
a quo und beim judex ad quem der interpositio, Erwirkung der apostoli, Di- 
mission der Sache an den Oberrichter und Edition der Akten einerseits; der 
Ssupplicatio pro processibus, Justifikation der Formalien, Reproduktion der Ladung, 
Uebergabe der Akten, introcuctio und weiteres Verfahren andererseits (vgl. Wetzell, 
System, §§ 55, 56, 57) aufsgegeben. Das Verfahren spielt sich von Anfang an 
beim Oberrichter ab, bei welchem die R. einfach durch Zustellung eines Schriftsatzes 
an den Imploraten eingelegt werden (§§ 479, 515 der RoPO.). Nur bezüglich 
der Beschwerde gilt, im Hinblick auf ihre Funktion als Gegenvorstellung, Ab- 
weichendes: § 532 der RoPO. Die Beschwerde zeichnet sich auch sonst gegenüber 
den beiden anderen R. aus; sie ist, da sie gewöhnlich keine Suspensivkraft hat, auch 
nicht an die für die Einlegung der Berufung und Revision vorgeschriebene einmonat- 
liche Nothfrist (88 477, 514; vgl. damit für die Wiederaufnahmeklagen § 549 der 
RCPO.) gebunden — nur die sofortige Beschwerde muß nach § 540 binnen einer 
Nothfrist von zwei Wochen eingelegt werden —; sie unterliegt wegen ihrer „mehr 
untergeordneten, nebensächlichen Bedeutung“ hinsichtlich der Anfechtung selbst und 
deren Erledigung „thunlichst einfachen Formen“ (Mot.). Dagegen theilt sie mit den 
beiden anderen R. (übrigens auch mit dem Einspruch und den Wiederaufnahmeklagen 
§§ 306, 552) die Nothwendigkeit einer richteramtlichen Vorprüfung der Zulässigkeit 
des R. vor dem Eintritt in die Prüfung seiner Begründetheit (88 497, 529, 537). 
Das Verfahren über die Begründetheit selbst wird von den großen Prinzipien des
	        
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