Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

830 Reglement der Eisenbahnen. 
Wird ein Anschluß durch Zugsverspätung versäumt, ohne daß höhere Gewalt 
die Ursache der letzteren war, und der Reisende weist nach, daß er im Besitze 
direkter Fahrkarte war und mit dem nächsten Zuge wieder zur Abgangsstation 
zurückgekehrt ist, so wird ihm der Preis für Hin= und Rückreife erstattet, wenn er 
seinen Anspruch sofort nach Ankunft des verspäteten Zuges beim Stationsvorsteher 
anmeldet. 
b) Beförderung von Reisegepäck. Der Gepäcktransport fällt rechtlich 
unter den Begriff des Frachtvertrags und das Deutsche H#G#., insoweit nicht das 
Bedürfniß des Reiseverkehrs geboten hat, besondere Bestimmungen bezüglich der 
Eingehung des Frachtvertrags beim Reifegepäck im Betriebsreglement aufzustellen. 
Neben diesen besonderen Bestimmungen gelten daher für den Gepäcktransport auch 
die Bestimmungen über den Güterverkehr (Abschnitt III.), soweit beide vereinbart 
sind. Der Umstand, daß nicht selten der Preis für den Gepäcktransport in dem 
Preis für den Transport der Person inbegriffen ist, ändert nichts an der juristischen 
Qualifikation des Rechtsverhältnisses. Der Gepäcktransport ist Accessorium des 
Personentransports, weshalb im Betriebsreglement die Bestimmungen über die 
Gepäckbeförderung unmittelbar hinter den Bestimmungen über den Personentransport 
eingereiht sind. 
Als Reisegepäck muß von den Eisenbahnen angenommen werden, was ein Reisender 
zu seinem und seiner Angehörigen Bedürfniß gebraucht, ausnahmsweise werden auch 
kaufmännische Waarenballots, Kisten rc. zugelassen. 
Steuerbare Getränke, feuergefährliche und explodirende Gegenstände, endlich 
lebende Thiere sind von der Beförderung als Reisegepäck ausgeschlossen, theils weil 
die Zeit zur steueramtlichen Abfertigung fehlt, theils aus Sicherheitsgründen. 
Die. Obsorge für ordnungsgemäße Verpackung ist Sache des Aufgebers. Wird 
jedoch Gepäck, dessen Verpackung ersichtlich mangelhaft ist, unbeanstandet von der 
Eisenbahn angenommen, so wird stillschweigende Billigung der mangelhaften Ver- 
packung angenommen und ist die Eisenbahn eventuell schadensersatzpflichtig. Der 
Gepäckaufgeber ist verpflichtet, ältere Post= oder Eisenbahnzeichen von dem Gepäck 
zu entfernen. Verschleppungen, welche aus der Belassung solcher Zeichen hervor- 
gehen, hat die Eisenbahn nicht zu vertreten. Das Gepäck ist 15 Minuten vor 
Zugsabgang aufzuliefern. Wird später aufgegebenes Gepäck wegen Mangel an Zeit 
unexpedirt mitgenommen, so wird es bis zum Zeitpunkte der Nachexpedition nicht 
als zum Transport aufgegeben betrachtet und die Eisenbahn haftet nur dann für 
Verlust und Beschädigung (nicht Lieferfristüberschreitung), wenn ein mit dem Schaden 
zusammenhängendes Verschulden der Eisenbahn oder ihrer Leute nachgewiesen wird. 
Solchem unexpedirten Gepäck (§ 29) steht das Handgepäck gleich, das unentgeltlich 
in den Personenwagen mitgenommen werden darf. In beiden Fällen wird an- 
genommen, daß die Beförderung solchen Gepäckes Ausfluß des Passagiervertrags ist, 
weshalb die Eisenbahn in Verlust= und Beschädigungsfällen nur zu haften hat, 
wenn Verschulden ihrerseits oder ihrer Leute vorliegt, was vom Gepäckaufgeber nach- 
zuweisen ist. Diese Haftung kann sie vertragsmäßig weder beseitigen, noch be- 
schränken (v. Hahn, II. 541). 
Die custodia über das Hand gepäck hat nach dem Betriebsreglement der 
Reisende selbst; ist daher Verlust oder Beschädiguug auf einen Mangel von custodia 
zurückzuführen, so ist dies niemals dem Eisenbahnpersonal zuzurechnen. 
Der Gepäckaufgeber erhält einen Gepäckschein als Dokument über die von der 
Eisenbahn übernommene Verpflichtung. Dessen Inhaber ist ausschließlich zur Rück- 
nahme des Gepäcks legitimirt; wenn erhebliche Verdachtsgründe zur Verweigerung 
der Aushändigung an den Inhaber vorliegen, kann dieselbe verweigert werden. Die 
Rückgabe des Scheins entbindet die Bahn von jeder Verantwortlichkeit, es sei denn, 
daß Verlust — partieller — oder Beschädigung bei der Ablieferung äußerlich nicht 
erkennbar waren, in welchem Fall nachträgliche Reklamation zulässig ist.
	        
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