Reichsbank. 349
solcher Geschäfte in Aktiengesellschaftssorm, sehr wohl zu erwägen sein kann, kaum
weniger als es beim Zettelbankwesen geschieht.
50 Die an und für sich technisch höchst großartige Entwickelung des Depositen-
geschäfts, in Verbindung mit Kontokorrentgeschäft, Checkwesen, Ausgleichungshaus
(Clearing-house), besonders in England, Schottland und einzelnen Nordamerikanischen
Staaten (New-York, Massachusetts) führt zu einer immer größeren Ersparung
an Baarreserven in den Banken — eben Mittel und Zweck jener Entwickelung. —
Daraus entsteht aber eine außerordentliche Künstlichkeit des ganzen
Bank-, Kredit= und Geldsystems eines Landes, die in kritischen Zeiten ihre
allgemeinen Gefahren — Wanken, Zusammenbruch des Systems — mit sich führt.
Das legt die Erwägung nahe, hier doch im Wege der Gesetzgebung, z. B. durch
Bestimmungen über das Minimum der Baarreserve für die stets= und kurzfälligen
Verbindlichkeiten, Vorkehrungen zu treffen.
7) Endlich sind die modernen großen Banken die Haupthebel der Ent-
wickelung der Macht des Privatkapitals, der neuen Geld= und Börsen-
aristokratie und bieten in dieser Hinsicht gerade auch in der Form der Aktiengesell-
schaften große sozialpolitische Bedenken. Das würde zur Erwägung führen, ob man
nicht auch hier, ähnlich wie bei Verkehrsanstalten, im Versicherungswesen u. s. w.,
das große öffentliche Bankwesen mehr und mehr aus der privatwirthschaftlichen in
die gemeinwirthschaftliche und öffentlich-rechtliche Form von Anstalten
des Staats und der Selbstverwaltungskörper, der Provinzen, Kreise, Ge-
meinden, hinüberführen könnte und sollte. Technisch und ökonomisch sind diese Körper
durchaus geeignet, im Allgemeinen ebenso, wie die Aktiengesellschaften, Bankgeschäfte
ordentlich zu führen. Das Sparkassenwesen ist sehr allgemein schon Sache solcher
Körper, einzelne andere Banken bestehen bei uns und anderswo auch schon als
Kommunal-, Bezirks-, Staatsanstalten. Namentlich möchte ein umfassendes Grund-
kreditbankwesen in Form von Staats-, Provinzial= und Kommunalanstalten wol viel.
besser fungiren, als das bestehende der Aktiengesellschaften. Ein prinzipieller Ausschluß
der letzteren von diesem Gebiete durch die Rechtsordnung wäre dann zu erwägen.
III. Zettelbankrecht und Banknotenausgabe insbesondere.
1) Charakter im Ganzen. Viel allgemeiner und tiefergreifend war von
jeher fast überall die Intervention der Staatsgesetzgebung auf diesem besonderen Ge-
biete. Und während dieselbe beim sonstigen Bankwesen sich allmählich verringert hat,
ist gerade hier eine entgegengesetzte Tendenz ziemlich allgemein zur Entwickelung ge-
langt. Mehrfach ist ein förmliches Notenregal konstituirt oder auch ohne ein
solches die Banknotenausgabe allgemein an die Staatsgenehmigung ge-
knüpft und dabei wenigstens in Europa gewöhnlich mehr oder weniger (Groß-
britannien, Deutschland, Italien u. a.), selbst völlig bei einer einzigen Anstalt
centralisirt worden („Monopolbank“", Frankreich, Oesterreich= Ungarn, Belgien,
Holland u. am.). Auch wo aber das Recht zur Notenausgabe einer Reihe von
Banken ertheilt wurde, also im Prinzip Dezentralisation blieb (Nordamerika), traten
in Betreff der Errichtung und des Betriebes dieser Zettelbanken die eingreifendsten
Beschränkungen durch die Gesetzgebung ein. Gerade das Recht der Notenausgabe
wurde ferner vielfach einer Bank zu dem Zweck verliehen (oder es wurde auch eine
Staatsanstalt damit betraut), um mittels eines solchen Privilegs, dem sich dann
auch wol noch andere Vorrechte für sonstige Bankgeschäfte anschlossen, eine Bank zu
einer mächtigen Anstalt für die Hebung des Kreditwesens und der ganzen Volks-
wirthschaft eines Landes zu machen: das System der „privilegirten Zettel-
banken“ nach Gesichtspunkten der Wohlfahrtspolizei oder Volkswirthschaftspolitik,
mit denen sich auch wol fiskalische Interessen verbanden. In neuerer Zeit sind
zwar diese Gesichtspunkte zurückgetreten, aber andere tauchten auf und wirkten in
derselben Richtung. Gerade die Notenausgabe schien im Interesse des gesammten
Verkehrs wie der Noteninhaber einer besonderen legislativen und administrativen