850 Reichsbank.
Regelung seitens des Staates dringend zu bedürfen, um Mißbräuche mit ihr thun-
lichst zu verhüten (vermeintliche Gefahr der „Ueberemission“ oder Zuvielausgabe von
Noten, angenommener Einfluß davon auf Spekulation und Preise, gefährliche Zu-
sammenziehung des Notenumlaufs in Krisen, Einstellung der Baarzahlungen oder
selbst völliger Zusammenbruch von Zettelbanken, Ruin der Noteninhaber, Zerrüttung
des Geldwesens u. s. w.). Besonders werden solche Gefahren (kaum allgemein mit
Recht) vom de zentralisirten Zettelbankwesen, schon wegen der Konkurrenz der einzelnen
Banken untereinander, gefürchtet. Daher hier, selbst unter den Vertretern der liberal-
individualistischen Wirthschaftspolitik, das Streben nach inhibirenden und
restringirenden Bankgesetzen, womöglich zugleich nach größerer oder völliger
Centralisation der Notenausgabe bei einer einzigen großen Bank, welche dann
als Aktiengesellschaft unter unmittelbarer Staatskontrole stehen sollte oder
selbst als Staatsanstalt einzurichten wäre. An sie dann aber einerseits „im
Verkehrsinteresse“ und „zur Regelung des Geldumlaufs im Lande“, also wieder aus
volkswirthschafts-politischen Gründen Gewährung eines umfassenden Notenprivilegs,
andererseits aus Rücksichten auf die Sicherheit und Gesundheit des Geld= und
Bankwesens wieder gewisse Beschränkungen auch solcher Centralbanken, in Betreff der
Höhe, öfter nach der Deckung des Banknotenumlaufs, der Größe der einzelnen No-
tenstücke, des Betriebes anderweiter Bankgeschäfte, der Größe des Stammkapitals und
Reservefonds u. s. w.; endlich Wahrnehmung der finanziellen Staatsinter-
essen gegenüber diesen Banken durch Antheile am Gewinn, Steuern, beständige
Darlehen an den Staat als Entschädigung für das Notenprivileg. Eine, wenn auch
nur die Hauptpunkte hervorhebende Darlegung der Entwickelung des Zettelbankrechts
in Großbritannien und Deutschland möge etwas näher im Einzelnen zeigen,
wie sich diese Dinge gestaltet haben.
2) Britisches Recht. a) England. Die berühmte, 1694 gegründete
Bank von England war schon nach ihrer ersten Karte eine eigentliche Aktien-
gesellschaft mit Korporationsrecht, mit begrenzter Haftbarkeit ihrer Theilhaber für
den eingeschossenen Betrag. Ein ausschließliches Privileg erhielt sie erst 1708 für
die Notenausgabe und für den Betrieb gewisser anderer Bankgeschäfte, aber nur ge-
genüber Bankgesellschaften von mehr als sechs Partnern. Kleinere (sog. Privat-
banken, s. oben) durften solche Geschäfte betreiben und auch Noten ausgeben, was
auch im Laufe des vorigen Jahrhunderts in bedeutendem Maße geschah. Erst
im Jahre 1826 wurden in England, aber zunächst nur außerhalb Londons,
größere Gesellschaftsbanken, sog. joint-stock-companies, gestattet und zwar
ohne besondere Staatsgenehmigung. Dieselben unterstanden in rechtlicher Hinsicht
dem allgemeinen Englischen Companies-Recht, d. h. insbesondere sie hatten
das Prinzip der unbegrenzten Haftbarkeit zur Basis, waren also nicht Aktienbanken
in unserem technischen Sinne. Sie durften alle Bankgeschäfte betreiben, ein-
schließlich der Notenausgabe, und bald, besonders in den dreißiger Jahren,
entstanden zahlreiche solche Zettelbanken. Im Jahre 1833 wurden solche Joint-
Stock-Banken auch in London selbst, hier jedoch ohne das Recht der Notenausgabe
zugelassen. Die Noten der Bank von England wurden damals auch zum gesetz-
lichen Zahlmittel (legal tender) für alle Zahlungen in England (nicht in
Schottland und Irland), so lange sie prompt eingelöst wurden, erklärt. Bis dahin
hat im Uebrigen der Staat die Banknotenausgabe der Hauptbank, wie der Privat-
und Joint-Stock-Banken nicht weiter geregelt, als daß schon Ende des vorigen Jahrh.,
dann von Neuem seit 1826 verboten war, Noten unter 5 Pfd. Sterling aus-
zugeben. Während der Französischen Kriegszeit von 1797 bis in die zwanziger
Jahre, wo großentheils die Noten der Englischen Bank uneinlösbar waren und
Zwangskurs hatten, galt diese Beschränkung nicht. Vorschriften über die Höhe des
Notenumlaufs und die Deckung desselben fehlten allgemein.