Reichsfinanzwesen. 379
ferner die Erträgnisse von Privatgeschäften, welche das Reich auf eigene Rechnung
betreibt; in letzterer Beziehung kommt bis jetzt nur die Reichsdruckerei in Betracht
(Renten ca. 5, Reichsdruckerei ca. 1 Mill. Mark im Etat für 1881).
6) Matrikularbeiträge (Etat von 1881/1882: 106 Mill. Mark). Soweit
die eigenen Einnahmsquellen des Reiches zur Deckung der finanziellen Bedürfnisse
desselben nicht zureichen, sind Beiträge von den Einzelstaaten zu erheben. Die
prinzipiellen Bedenken gegen diesen Modus der Beschaffung finanzieller Mittel für
Erfüllung der Staatszwecke im Bundesstaat wurden oben bereits erörtert: die Durch-
führung der in der Verfassung niedergelegten Grundsätze im Zusammenhang mit der
neueren Zollgesetzgebung würde auch eine Beseitigung der Matrikularbeiträge zur
Folge gehabt haben: die in der Verfassung fixirten eigenen Einnahmsquellen des
Reiches werfen dermalen einen höheren Ertrag ab, als welchen das Reich zur Er-
füllung seiner Zwecke bedarf. Durch die oben bezeichnete Modifikation der Ver-
fassung (daß der oben citirte §7 in der That eine Modifikation von Art. 38 Abf. 1
der RVerf. enthält, wird kaum bezweifelt werden können), wonach nur 130 Mill. Mark
in die Reichskasse, alle weiteren Einnahmen aber in die Kassen der Bundesglieder
fließen, werden die Matrikularbeiträge künstlich konservirt.
Die Matrikularbeiträge sind von den Bundesgliedern nach Maßgabe ihrer
ortsanwesenden staatsangehörigen Bevölkerung (Verordn. d. Bundesrathes v. 21. Dez.
1868) zu erheben. Sie müssen gesetzlich im Etat fixirt werden und sind alsdann
vom Reichskanzler für die Reichskasse „bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrages“
einzuziehen, und zwar erfolgt die Einziehung in monatlichen Raten (RVerf. Art. 70).
Erweist sich die etatsmäßige Fixirung der Matrikularbeiträge als unzureichend, so
muß die erforderliche Erhöhung durch Nachtragsgesetz erfolgen; andererseits kann der
Reichskanzler auch die Matrikularbeiträge zum Theil unerhoben lassen, falls die
anderweitigen Einnahmen des Reiches zur Befriedigung der Bedürfnisse ausreichen.
IV. Die Erhebung, Berechnung und Verwaltung der Reichs-
einnahmen. Die Centralbehörde für Verwaltung der Reichsfinanzen war ur-
sprünglich die Finanzabtheilung des Reichskanzleramtes; die selbständige Konstituirung
des Reichsschatzamtes erfolgte durch Kaiserl. Verordn. vom 14. Juli 1879
(R.G.Bl. 196); der Reichsschatzsekretär wurde gemäß dem Gesetz vom 18. März
1878 zum verantwortlichen Stellvertreter des Reichskanzlers ernannt (Reichsanzeiger
vom 18. Aug. 1879). Vom Schatzamt ressortirt insbesondere die Reichshauptkasse,
sowie die Reichsbeamten und Reichsbehörden für das Zoll= und Steuerwesen.
Mit der Finanzverwaltung des Reiches stehen noch in Zusammenhang die Ver-
waltungsbehörden der selbständigen Reichsfonds, nämlich des Reichsinvalidenfonds,
sowie des Reichskriegsschatzes; dieselben sind jedoch nicht dem Reichsschatzamt, son-
dern unmittelbar dem Reichskanzler unterstellt; die gleiche staatsrechtliche Stellung
hat das Reichsbankdirektorium. —
Die Erhebung der Gebühren, welche für die Benutzung von Reichsanstalten zu
entrichten sind, geschieht durch die den betreffenden Behörden beigeordneten finanziellen
Organe, von welchen die Abführung der eingenommenen Beträge direkt an die Reichs-
kasse erfolgt. Hinsichtlich der Abrechnung der Post= und Telegraphengefälle bedurfte
es bei dem vor 1867 so überaus komplizirten Zustande der Verwaltung dieser
Anstalten eines längeren Uebergangsstadiums, um die Prinzipien der Verfassung zu
voller Durchführung bringen zu können (RVerf. Art. 51). Der Abschluß dieses
Uebergangsstadiums trat mit dem Jahre 1880 ein (Baden, Elsaß-Lothringen; val.
hierüber Meyer, S. 545). Die Gefälle der Posten, Telegraphen und Reichseisen-
bahnen werden nunmehr von den einzelnen Behörden und Beamten erhoben und
durch die provinziellen Centralinstanzen an die Reichskasse abgeführt. —
Was die Reichssteuern betrifft, so wird die Abgabe für den Wechselstempel
durch die Organe der Postverwaltung erhoben und zugleich mit den Postgefällen