416 Reichs= und Staatsangehörigkeit.
daran fest, daß die von Preußischen oder Französischen Eltern in England geborenen
Kinder gleichfalls Engländer seien.
2) Durch Legitimation, indem die gesetzlich erfolgte Legitimation, für welche in
formeller und materieller Hinsicht die Landesgesetze maßgebend sind, dem Kinde die
Staatsangehörigkeit des Vaters giebt, insofern dieser ein Deutscher, die uneheliche
Mutter aber eine Ausländerin ist. Die Adoption hat diese Wirkung nicht.
3) Durch Verheirathung, indem die Frau nicht blos dem Domizile des Mannes
folgt, sondern auch durch die Eheschließung dessen Staatsangehörigkeit erwirbt; dasselbe
Prinzip gilt auch in den meisten anderen Ländern, während man in England wiederum
inkonsequent ist, da zwar diejenige Ausländerin, die einen Engländer geheirathet hat,
als Engländerin, aber auch diejenige Engländerin, welche einen Ausländer geheirathet
hat, noch immer als Engländerin betrachtet wird.
4) Durch Verleihung auf Antrag. Hierbei ist zu unterscheiden, ob es sich um
den Erwerb einer Staatsangehörigkeit seitens eines Ausländers oder seitens eines Deut-
schen handelt. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit seitens eines Ausländers erfolgt
im Wege der Naturalisation. Auf solche hat zwar kein Ausländer ein Recht, es sind
aber die Einzelstaaten gebunden, die Praxis im Sinne der internationalen Freizügigkeit
zu üben, wie solche namentlich in Preußen bisher schon nach dem Prinzip der Frei-
heit der Einwanderung gehandhabt wurde. Insbesondere wird kein längerer vor-
heriger Aufenthalt verlangt, wie solches selbst in den Vereinigten Staaten geschieht,
die doch auf die Begünstigung der Einwanderung hingewiesen sind, indem gegen-
wärtig als Bedingung der Naturalisation ein fünfjähriger Aufenthalt verlangt wird,
während die Englischen Bestimmungen einem Verbote der Naturalisation gleichstehen.
Die Naturalisationsurkunde darf jedoch nur denjenigen Ausländern ertheilt werden,
die nach den Gesetzen ihrer bisherigen Heimath dispositionsfähig sind, sofern nicht
der Mangel der Dispositionsfähigkeit durch die Zustimmung des Vaters oder des
Vormundes ergänzt wird; ferner nur Denen, die einen unbescholtenen Lebenswandel
geführt haben, die an dem Orte, wo sie sich niederlassen wollen, ein Unterkommen
finden, und nach den daselbst bestehenden Verhältnissen sich und ihre Angehörigen
zu ernähren im Stande sind, worüber die Gemeinden mit ihrer Erklärung vor Er-
theilung der Naturalisationsurkunde gehört werden müssen. Die Naturalisation erfolgt
nicht wie in England durch Gesetz, auch nicht wie bisher in manchen Kleinstaaten
durch das Staatsoberhaupt, sondern nach dem Vorgange Preußens durch die höheren
Verwaltungsbehörden, die Bezirksregierungen, resp. die Regierungspräsidenten. Die
Naturalisationsurkunde begründet mit dem Zeitpunkte der Aushändigung alle mit
der Staatsangehörigkeit verbundenen Rechte und Pflichten, wenn nicht die Ausübung der
politischen Rechte an eine längere Staatsangehörigkeit geknüpft ist, die aber in Deutsch-
land nur gering bemessen ist, während in den Vereinigten Staaten die Wählbarkeit
in den Kongreß und in die gesetzgebenden Versammlungen der Einzelstaaten von einem
sieben= resp. neunjährigen Besitz des Unionsbürgerrechts abhängig erscheint, die Wähl-
barkeit zum Präsidenten aber eingewanderten Bürgern ganz entzogen ist. Die
Naturalisation erstreckt sich, soweit nicht eine Ausnahme gemacht ist, zugleich in
Folge der Einheit der Familie auf die Ehefrau und die noch in väterlicher Gewalt
stehenden minderjährigen Kinder. Diejenigen Ausländer endlich, welche die Natura-
lisation nicht erwerben, sind der Fremdenpolizei unterworfen, deren Regulirung gleich-
falls in die Kompetenz des Reiches fällt. — Die Verleihung der Staatsangehörigkeit
an einen Deutschen erfolgt durch Aufnahme, die sich von der Naturalisation materiell
durch eine größere Leichtigkeit unterscheidet; eine solche ist um deswillen gerechtfertigt,
weil es sich nicht um Einwanderung, sondern blos um Ueberwanderung handelt, welche
nur die Stellung des Staatsbürgers verändert, die des Reichsbürgers aber ganz un-
berührt läßt. Die Erlangung des Staatsbürgerrechts ist heutzutage auf Grund des
Art. III. der RVerf. ein Recht jedes Deutschen, das auf Grund der erfolgten Nieder-
lassung gewährt werden muß, wenigstens nur auf Grund des Freizügigkeitsgesetzes