Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

418 Reichs- und Staatsangehörigkeit. 
Bundesgebiete oder, wenn der Austretende sich im Besitz eines Reisepapieres oder 
Heimathsscheines befindet, von dem Zeitpunkte des Ablaufs dieser Papiere an ge— 
rechnet. Sie wird unterbrochen durch die Eintragung in die Matrikel eines Reichs- 
konsulats. Ihr Lauf beginnt von Neuem mit dem auf die Löschung in der Matrikel 
folgenden Tage. In der That dürfen Bürger, die in keiner Weise während eines 
längeren Zeitraums um ihr Vaterland sich kümmern, als sich selbst ausschließend 
angesehen werden. Indessen kann doch Solchen, die einerseits ihr Deutsches Indigenat 
auf diese Weise verloren, andererseits ein fremdes noch nicht erworben haben, die 
also staatlos sind, auch ohne förmliche Rückwanderung und neue Niederlassung die 
frühere Staatsangehörigkeit im ursprünglichen Heimathsstaate wieder verliehen werden; 
wie auch den förmlich zurückkehrenden Deutschen dieser Art ein förmliches Recht auf 
Wiederaufnahme zugesprochen ist, so daß derjenige Bundesstaat, in dem sie sich nieder- 
lassen, zur Ertheilung einer Aufnahmeurkunde verpflichtet erscheint; der ehemalige 
Deutsche darf also in der Fremde überall sich sagen, daß er jederzeit in die staats- 
bürgerlichen Beziehungen zu Deutschland zurücktreten kann (Code Nap. II. 1, 18). 
3) Dagegen geht durch den bloßen Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit die 
alte an sich nicht verloren. Derjenige also, welcher etwa, um sich seiner Militärpflicht 
zu entziehen, unerlaubt ausgewandert ist und binnen 10 Jahren ihe wird als 
Deutscher Staatsangehöriger bestraft und muß nachdienen. Da dieses freilich leicht zu 
Kollisionen mit anderen Staaten führt, welche annehmen, daß mit der bei ihnen 
erfolgten Naturalisation jedes Band zum früheren Staate gelöst sei, so hat Deutsch- 
land neuerdings mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika unterm 22. Febr. 
1868 einen Vertrag, betr. die Staatsangehörigkeit derjenigen Personen, welche aus dem 
Gebiete des einen Theils in das des anderen einwandern, abgeschlossen, durch welchen 
unter Festhaltung des Prinzips, daß die alte Staatsangehörigkeit mit dem Erwerbe einer 
neuen nicht verloren gehe, doch die Durchführung dieses Prinzips wesentlich eingeschränkt 
ist. Der Staatsangehörigkeitsvertrag setzt nämlich fest, daß diejenigen Deutschen, welche 
naturalisirte Staatsangehörige der Vereinigten Staaten geworden sind und fünf Jahre 
laäng ununterbrochen in den Vereinigten Staaten zugebracht haben, seitens des Reichs 
als Amerikanische Bürger behandelt werden sollen; und umgekehrt. Wenn also ein 
Deutscher nach fünfjährigem ununterbrochenen Aufenthalte in den Vereinigten Staaten 
förmlich naturalisirt worden ist, so soll er bei seiner etwaigen Rückkehr nach Deutsch- 
land nur bestraft werden können wegen der Verbrechen, die er vor, nicht aber wegen 
derjenigen, die er durch die Auswanderung begangen hat, also namentlich nicht wegen 
Verletzung seiner Militärpflicht. Wenn aber ein Solcher sich wieder dauernd in 
Deutschland niederläßt, so befindet er sich nach zweijährigem Aufenthalt in der Lage 
eines freiwillig Eingewanderten; er muß also die Staatspflichten überhaupt und ins- 
besondere auch die Militärpflicht insofern erfüllen, als er derselben nach seinen Alters- 
verhältnissen noch unterworfen ist. — Das Prinzip dieses Vertrages ist durch das 
vorliegende Gesetz generell dahin erweitert worden, daß für Deutsche, welche sich in 
einem Staate des Auslandes mindestens fünf Jahre lang ununterbrochen aufhalten 
und in demselben zugleich die Staatsangehörigkeit erwerben, durch Staatsvertrag die 
zehnjährige Frist, mit deren Ablauf die Staatsangehörigkeit im Allgemeinen erlischt, 
bis auf eine fünfjährige vermindert werden kann. 
Lit.: v. Rönne, Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, Bd. I. Abth. 2 S. 1 ff., 
3. Aufl. 1869. — H. Schulz e, Preuß. Staatzrect. Bd. I. (1872) S. 352 ff. — v. Rönne, 
Das Staatsrecht des Fue Reichs, Bd. I. (1876) S. 96 ff. — Laband, Das Staatsrecht 
des Deutschen Reichs, Bd. I. (1876) S. 130 ff. — G. Meyer, Lehrbuch (1879), S. 163 ff. — 
Sepdel, Die Deutsche Reichs- u. Staatsangehörigkeit (Girth's Annalen 1876 S. 135 ff., 1881 
67). — Archiv für civil. Praris Bd. LXlI. (1878) S. 149 ff. — Zeitschrift des königl. Preuß. 
Süo#n Bureaus 1880, S. 145 ff. — Pözl, Art. Staatsangehörige, Staatsbürger, in 
Bluntschli's Staats Wört. B. Bd. IX. E— 649 ff. — Landgraff, Ueber ein Deutsches 
Bürgerrecht, Leipz. 1867; Derselbe, Das Bundes- und lbatsbürgerr#ht im Rorddeutschen Bunde, 
Leipz. 1870; Derselbe, Ausführungen zu dem Reichs= und Staatsangehörigkeits-GesetzeHirth's 
Annalen 1875, 625 ff.). — v. Chudnochoweki, Zur Geschichte und Kritik des Nordd.
	        
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