Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

432 Remuneratorische Schenkung. 
Durch die Reichsgesetze werden die Obrigkeiten verpflichtet, von Amtswegen die 
Vormünder zu überwachen und ihre Pflichtvergessenheit zu ahnden. Diese stetige 
Aufsicht, mit welcher eine alljährliche Rechnungslegung verknüpft ist, machen nicht 
nur die Fälle der R. seltener, sondern schließen auch die Popularklage aus. Des- 
halb tritt im heutigen Gem. Recht, welches übrigens die Römischen Grundsätze voll- 
ständig aufsgenommen hat, das Verfahren ohne eigentliche Anklage, aus Denuntiation 
oder von Amtswegen ein. — Diesen Standpunkt des Gem. Rechts nimmt vollständig 
der Cod. Max. Bav. ein, der die auch im Gem. Recht übliche arbiträre Strafe gegen 
den Vormund wegen dolus und culpa lata verhängt. Auch nach Oesterr. BG. 
tritt wegen Pflichtwidrigkeit oder Unfähigkeit des Vormundes oder wegen nachträg- 
lichen Eintritts von Ereignissen, welche ihn von Anfang an von der Vormundschaft 
ausgeschlossen hätten, Entlassung von Amtswegen ein; daneben kann aber auch auf 
Antrag des Vormundes oder der Mutter und Brüder, welche selbst die tutela über- 
nehmen wollen, eine Entfernung erfolgen. Das Sächsische B#B. läßt bei eintre- 
tender Unfähigkeit sofortige Entlassung eintreten und berechtigt zu derselben das Vor- 
mundschaftsgericht, wenn sich der Vormund pflichtwidrig, nachlässig, ungeschickt erweist 
oder sonst des Vertrauens verlustig wird. Die Entlassung soll in der Regel am Ende 
des Rechnungsjahres erfolgen. Die Preuß. Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 
1875 kennt eine Entsetzung und eine Entlassung des Vormundes. Erstere tritt ein, 
wenn sich der Vormund pflichtwidrig erweist. Die Entlassung erfolgt: 1) weil der 
Vormund sich als gesetzlich unfähig erweist; besteht diese in dem Verlust der Hand- 
lungsfähigkeit, so bedarf es einer besonderen Entlassung nicht, sondern die Vormund- 
schaft erlischt ipso jure; 2) weil erhebliche Gründe zur Entlassung vorliegen und 
der Vormund die Entlassung beantragt; gegen seinen Willen soll ein Vormund nicht 
ohne Grund entlassen werden, über die Wichtigkeit entscheidet richterliches Ermessen; 
einige Fälle (§ 23 Nr. 4— 7) sind vom Gesetz ausgezeichnet; 3) weil die zur Füh- 
rung der Vormundschaft erforderliche Genehmigung (Vormundschaftsordn. § 22) nicht er- 
theilt oder wieder entzogen wird. Die Vorschriften finden auch auf den Gegen- 
vormund Anwendung. Der Entsetzungsakt erfolgt durch einfachen Beschluß des Vor- 
mundschaftsrichters, welcher mit Gründen zu versehen und dem Vormund zuzustellen 
ist. Diesem steht binnen vier Wochen seit der Zustellung Beschwerde an das Land- 
gericht zu, von dessen Entscheidung die weitere Beschwerde an das Kammergericht 
geht. Nach Code civil wird die R. aus denselben Gründen, wie im Gem. Recht, 
zunächst dem Familienrath vorgelegt, der auf Antrag eines Verwandten oder von 
Amtswegen durch den Friedensrichter berufen wird. Auf Widerspruch des Ver- 
dächtigen wird im gewöhnlichen Verfahren von dem Gericht erster Instanz ent- 
schieden. — Unabhängig von der R. ist das Strafverfahren gegen den Vormund 
wegen Untreue. 
Quellen: Tit. Inst. 1 26; Dig. 26, 10; - 5, 43. — Sächs. Sp. I. 41. — 
RPol. Ordn. Tit. 32 (31) 8 8. — Cod. Max. Bav L. 7 88 23, 24. — Oesterr. 96. 88 254 
bis 259. — Sächs. BG. 88 1973, 1978— 1980. — Preuß. Vorm. Ordn vom 5. Jul 1875 
8 63. — Preuß. AG. zum GVG. vom 24. April 1878 §8§ 26, 40. (Vgl. Kayfser, Die 
1esihrt und Preuf. As. 2c., 2. Aufl. 1880, . 451, 457.) — Cod. civil art. 421, 
413 ss. — Code pén. art. 42. — Rötrase B. 8 266 Nr. 1. 
Lit.: Glück, XXI. S. 41 ff. — Rudorff, Vorm., III S. 176 ff. — Kraut, Vorm., 
I. S. 402—406. — Guyet, Abhandl., Nr. 8. Her tel, De suspectis tutoribus, Magaeb. 
1841. — Die Kommentare zur Preuß. Vorm. Ordn. von Dernburg, Löwenstein, 
Hesse u. A. Kayser. 
Remuneratorische Schenkung ist die Schenkung, deren Beweggrund in der 
Dankbarkeit des Schenkers liegt. Während bei anderen Rechtsgeschäften der von den 
Parteien verfolgte Zweck in der Regel ohne Einfluß ist, prägt jeder Schenkung der 
in ihr liegende Zweck des Wohlwollens einen besonderen Charakter auf, welcher die 
eigenthümlichen Regeln über Schenkung zur Folge hat. Daß neben diesem allgemeinen 
Zweck noch der besonders beabsichtigte, z. B. des Mitleidens, der Großmuth, Liebes-
	        
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