Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

40 Petitionsrecht. 
absicht theils auf einer vom Standpunkte des Parteiinteresses aus getroffenen Er- 
gänzung derselben beruhen. 
Dagegen hat sich der Begriff der P. mit verschiedener Ausdehnung seines An- 
wendungsgebietes in neueren Rechten eingebürgert, insbesondere in Beziehung auf 
Immobilien. Die Betrachtung 
1) eines Grundstückes als eines zu einem anderen gehörenden erlangte rechtliche 
Bedeutung namentlich durch die im Gegensatze zum Römischen Rechte im Deutschen 
vielfach sich findende Geschlossenheit des Gutes. 
2) Von beweglichen Sachen gelten als P. unbeweglicher allgemein die auf ein 
Grundstück bezüglichen Urkunden, sowie vielfach das Gutsinventar, das nach Röm. 
Rechte von der Verfügung über das Gut nicht berührt wird. Die beweglichen P. 
unbeweglicher Sachen theilen konsequenter Weise, wie im Oesterreichischen Gesetzbuch 
ausdrücklich anerkannt ist, gleich den sonstigen rechtlichen Schicksalen der Hauptsache 
auch ihre Immobiliarqualität; ohne diese Annahme würde nach neuerem Rechte die 
Veräußerung, insbesondere Verpfändung eines Grundstücks sich gar nicht auf seine 
beweglichen P. erstrecken können. P. eines Grundstückes können auch Rechte sein 
als P. des Grundeigenthums oder solche Rechte, welche im Zweifel dessen Schicksal 
theilen, während die Prädialservituten vermöge der Unmöglichkeit ihrer Abtrennung 
vom praedium dominans mehr als bloße „P.“ des Grundeigenthums sind. Ebenso 
können mit sonstigen Rechten andere Rechte als P. verbunden sein. 
Als Quellen der Fhre betrachtet man im Römischen Rechte namentlich 1. 13 § 31; 
I. 18 D. de act. emt. 19, 1. — Von neueren Rechten: Preuß. LR. I. 2 §§ 42 ff. — Züricher 
BGB. 9 47, 479 f 
Lit.: v. Wächter, Handb. des Württemb. Priv.R., I S. 242 ff.; Derselbe, Pand., 
I. S. 295 fl. — Unger, e#e des oessterreich. Priv.R., 1. §§5 53—55. — Stobbe, Handb. 
des D Priv ., 1 Bader. Civ.N., 8 115, 15; Derselbe, Deutsches 
Priv. R., § 81. — ren. Prekt No I. § 62. — unke, Die Lehre von den P., 
1827. — Sbpe Ueber ochanische Erzeugnisse, 1869, S. 58—80. Höld er. 
Petitionsrecht. Man versteht unter P. die Befugniß, sich mit Bitten an 
die staatlichen Organe zu wenden. Dasselbe zerfällt in das Beschwerderecht und 
das P. im engeren Sinne. Das Beschwerderecht bezieht sich auf Rechtsverletzungen, 
auf die Beseitigung eines Unrechts, ganz einerlei, ob dasselbe durch Handlungen oder 
durch Unterlassungen herbeigeführt ist, dem Gebiete des Privatrechts oder des 
öffentlichen Rechts, angehört. Indessen hat die verfassungsmäßige Unabhängigkeit 
der Gerichte zur Folge, daß Beschwerden gegen angeblich von den Gerichten bei der 
Rechtsprechung begangene Rechtsverletzungen nur im richterlichen Instanzenzuge, sei 
es als Beschwerden im engeren Sinn gegen einfache Dekrete, sei es als Rechtsmittel 
gegen Urtheile verfolgt werden können; eigentliche Beschwerden in Justizsachen finden 
nur statt wegen verzögerter oder verweigerter Justiz und gegen rechtskräftig entschiedene 
Strafsachen auf Grund des Begnadigungsrechtes, sofern die Begnadigungsgesuche zu 
den eigentlichen Beschwerden gerechnet werden können. Derselbe Grundsatz gilt hin- 
sichtlich der Beschwerden gegen die Entscheidungen der Verwaltungsgerichtshöfe. Das 
P. im engeren Sinne bezieht sich auf die künftige Verbesserung mangelhafter Zustände, 
resp. auf die Verhütung zu besorgender Uebelstände. Das im Allg. LR. (II. 20 
§§ 156, 180) bereits in beiden Bedeutungen anerkannte P. ist auch in der Preuß. 
Verf. Art. 32 ausdrücklich gewährleistet. 
Das P. im weiteren Sinne steht an und für sich ohne Rücksicht auf Alter und 
Geschlecht Allen zu, welche die Fähigkeit zur Willenserklärung besitzen. Dasselbe 
kann ebensowol von einem Einzelnen allein, als auch in Verbindung mit Anderen 
geübt werden; auch derartige Beamten-Petitionen sind gestattet, doch findet das P. 
auf das Heer nur insoweit Anwendung, als die militärischen Gesetze und Disziplinar- 
vorschriften nicht entgegenstehen; auch müssen bei Massenpetitionen die Einzelnen 
wirklich unterzeichnen, Petitionen unter einem Gesammtnamen sind nur Behörden
	        
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