Petitionsrecht. 41
und Korporationen gestattet. Ob diese letzteren ein unbeschränktes oder ein auf
ihren Wirkungskreis beschränktes P., haben, ist bestritten, namentlich ob den Kreis-
tagen und den Stadtverordnetenversammlungen, resp. den städtischen Behörden das
Recht zusteht, hinsichtlich allgemeiner Staatsangelegenheiten zu petitioniren.
Vgl. darüber im Allgem. v. Rönne, Staatsrecht, 3. Aufl. Bd. I. Abth. 2
S. 197 ff.; über das Petitionsrecht der Städte v. Rönne, a. a. O., S. 198,
und v. Möller, Preuß. Stadtrecht, S. 86. Stenographische Berichte des Preuß.
Abgeordnetenhauses 1865, Bd. I. S. 356 ff. Bd. IV. S. 295 ff.; über das Petitions-
recht der Kreistage v. Rönne, a. a. O., S. 546 ff.; v. Möller, Das Recht
der Preuß. Kreis= und Provinzialverbände, S. 72 ff.; über das Petitionsrecht der
Provinzialstände v. Rönne, a. a. O., S. 518; v. Möller, a. a. O., S. 199.
Die Petitionen im weiteren Sinne können entweder an die Behörden oder an
den Landtag (an jedes der beiden Häuser), resp. den Reichstag (Art. 23), oder an
Korporationen öffentlich -rechtlichen Charakters oder an das Staatsoberhaupt selbst
gerichtet sein. Die an den Landtag, resp. den Reichstag gerichteten Petitionen haben
manches Eigenthümliche. Insbesondere wird den Kommissionen insofern eine er-
weiterte Kompetenz beigelegt, als sie an Stelle eines Gutachtens über die formelle
und materielle Zulässigkeit einer Petition die Zurückweisung derselben in gewissen
Fällen beschließen können; und zwar besteht nach der Geschäftsordnung des Herren-
hauses die Einrichtung, daß Petitionen, welche nach dem einstimmigen Urtheile der
Kommission zur Berathung und Beschlußfassung im Plenum ungeeignet sind, nur
mit kurzer Angabe des Petitums im Kommissionsbericht angeführt und drei Wochen
lang im Bureau des Hauses aufgelegt werden, und als erledigt zu betrachten sind,
wenn sie nicht während dieser Zeit von einem Mitgliede aufsgenommen werden, in
welchem Falle die Kommission noch nachträglich berichten muß; nach der Geschäfts-
ordnung des Hauses der Abgeordneten wird der Inhalt der eingegangenen Petitionen
wesentlich durch eine in tabellarischer Form angefertigte Zusammenstellung seitens
der Kommission zur Kenntniß des Hauses gebracht; zur Plenarverhandlung gelangen
nur diejenigen Petitionen, bei welchen auf eine solche entweder von der Kommission
oder von 15 Mitgliedern angetragen wird; geht der Antrag von der Kommission
aus, so hat sie über die von ihr zur Diskussion verwiesene Petition Bericht zu er-
statten, geht der Antrag von Mitgliedern des Hauses aus, so kann entweder eine
Verweisung an die Kommission zur Berichterstattung oder die Vorberathung im
Hause, resp. die Schlußberathung im Hause stattfinden. Ganz analog diesen Ge-
schäftsbestimmungen des Abgeordnetenhauses sind die des Reichstags. Es versteht
sich übrigens nach allgemeinen Grundsätzen von selbst, daß die Staatsregierung durch
die Ueberweisung einer Petition nicht verpflichtet wird, dem betreffenden Beschlusse
Folge zu leisten, und daß noch weniger dem Landtage, resp. dem Reichstage das
Recht zusteht, durch ein weiteres unmittelbares Eingreifen die geforderte Abhülfe und
Berücksichtigung herbeizuführen; dagegen wird man dem betreffenden Hause die Be-
fugniß zugestehen müssen, Auskunft über das von der Regierung auf Grund der
Verweisung Veranlaßte zu verlangen (Art. 81, Al. 3). Im Reiche ist übrigens
neuerdings die Einrichtung getroffen, daß dem nächstfolgenden Reichstage eine Vor-
lage gemacht wird, aus welcher die auf die überwiesene Petition erfolgten Ent-
schließungen zu ersehen sind.
Lit.: v. Rönne, Staatsrecht, 3. Aufl. 1869, Th. I. Abth. 2 S. 193 ff. — Pözl, A
Beschwerde und Petition, in Bluntschli's Staats Wört. B., Bd. II. S. 89 ff.; Bd. W
— We lcker, Art. Petition, im Staats-Lex. von Rotteck und Welcker,
F. Bd. XI. S. 459 ff. — v. Mohl, Beiträge zur Lehre vom Petitionsrechte 1 kon=
stitutionellen Staaten (Staatsrecht, Völkerrecht Politik, 52 2. 5 H0660 S. 222 ff.). —
v. Gerber, Grundzüge, S. 35; bfrselbe, Oe enl. Recht, S — L. v. Stein, Ver-
waltungslehre, 2. Aufl. 1869, Th. J. 382 ff., 431 ff. ** 9 landt, Over het *
van petitie, Gravenhage 1864. — . Das Staatsrecht des br Reichs, Bd.
S. 519. Ernst Meier.