Revokatorienklage. 473
Gericht, wenn das Gericht der vorigen Instanz sich mit Unrecht für zuständig er-
achtet hat, oder d) an ein Gericht niederer Ordnung, wenn die noch in Frage
kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
Das Gericht, an welches die Sache verwiesen ist, hat die rechtliche Beurthei-
lung, welche der Aufhebung des Urtheils zu Grunde gelegt ist, auch seiner Ent-
scheidung zu Grunde zu legen. Auch gilt für dasselbe das Verbot der reformatio
in pejus (s. diesen Art.). Hat von mehreren Angeklagten nur einer die R. ein-
gelegt, und ist in Folge dessen wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Straf-
gesetzes das Urtheil aufgehoben, so ist zu erkennen, als ob alle von der Gesetzes-
verletzung berührten Angeklagten die R. eingelegt hätten.
Esgb. u. Lit.: Deutsche StrafPHO. 88 374—398. Hierzu besonders die Kommentare
von v-'t (2. Aufl.) und v. Schwarze. — Dochow, RötraspPrz., 3. Aufl. (1880) §§ 92,
93. — Meves, Strafverfahren nach der Deutschen Straf-O., 2. Rufl. (1880) S. 89—103,
141 ff., 169— 172, 189—191. — v. Schwarze in v. Holtzendorff' s Handbuch des
Deutschen Strafprateirecht, Bd. II. (1879) S. 288—321. — John, Das Deutsche Straf-
prozeßrecht (1880), 3 ff. — Geyer, Lehrbuch des Gemeinen Deutschen Strafprozeßrechts
(1880), S. 81 4—835 — v. Kries, Die Rechtsmittel des Civilprozesses und des Strafprozesses
(1880), S. 215—294. — Lamm, Das Rechtsmittel der R. im Strafprozesse (1881). —
Binding, Grundriß des Gem. Deutschen StrasPPrz. (1881), S. 176 —188. Dochow.
Revokatorienklage ist das zur Entkräftung einer verbotenen Lehnsveräußerung
dienende Rechtsmittel. Nach Langobardischem Lehnrecht war dem Vasallen anfäng-
lich die Veräußerung des Lehns bis zur Haälfte gestattet; erst wenn das Lehn
heimfiel, konnte der Herr auch das veräußerte Stück vindiziren (I. Feud. 13 pr.
§ 2). Später wurde durch Lothar II. und Friedrich I. (II. Feud. 52 I. u. 55 pr.)
jede Veräußerung an eine dritte, nicht in demselben Lehnverbande stehende Person
untersagt, und für den Fall einer Uebertretung dem Herrn das Recht gegeben, das
Lehn sofort als heimgefallen an sich zu ziehen, ohne daß seine Vindikation an eine
bestimmte Verjährungsfrist gebunden war (II. F. 55 pr.) Nur in wenigen Fällen
behielt die Veräußerung auch jetzt noch so lange Geltung, bis das Lehn ohnehin an
den Herrn zurückfiel, z. B. als Afterbelehnung, Bestellung einer Prädialservitut rc.
Jede dieser Vindikationen nun, kraft deren nach dem Ausdruck der Quellen feudum
ad dominum revertitur, revocatur rc. (II. F. 40 § 1; I. F. 13 § 2) wird R.
genannt (Pfeiffer, in Weiske's Rechtslexikon VI. S. 580, 587; v. Gerber,
System, § 126; Stobbe, Handbuch, II. § 124 bei Anm. 18). Nur Einige be-
schränken diese Bezeichnung auf diejenigen Fälle, in welchen der Herr nicht sofort,
sondern erst bei dem späteren Heimfall des Lehns die Veräußerung wieder auflösen
kann (Eichhorn, Einleitung in das Deutsche Privatr., § 228; Beseler,
System, § 112). — Noch häufiger indessen, als auf die Klage des Herrn, wird der
Ausdruck R. auf das den Lehnsfolgern gegebene Rechtsmittel bezogen. Da nämlich
die Agnaten, sowie die Mit= und Eventualbelehnten ein von der Willkür des Vor-
gängers unabhängiges Recht auf das Lehn haben, so sind auch sie befugt, ohne
Rücksicht auf die von jenem vorgenommene Veräußerung die Herausgabe des Lehns
zu verlangen, sobald dasselbe nach dem regelmäßigen Fortgange der Succession an
sie gefallen ist (II. F. 26 § 14). Für dieses Recht macht es keinen Unterschied,
ob der Herr von seinem Einziehungsrecht inzwischen Gebrauch gemacht hatte oder
nicht; wenn er es gethan hatte, so wird die dadurch herbeigeführte Konsolidation
von nun ab wieder aufgehoben. Die Quellen brauchen für die Klage hier dieselben
Wendungen, wie oben (I. F. 8 § 1; II. F. 39 pr.); daher ihre heutige Bezeich-
nung als R., obwol sie ihrer Natur nach eine gewöhnliche vindicatio utilis ist und
deshalb auch der Verjährung von 30 Jahren seit dem Eintritt des Successionsfalles
unterliegt 2c. Streitig ist nur, ob auch den Descendenten des veräußernden Vasallen
die R. zukomme oder nicht. Die herrschende Meinung verneint diese Frage mit
Recht wegen der positiven Bestimmung des Lehnrechts, daß Söhne die Lehns= und