516 Sachverständige.
J. c. Cit.) mit Berufung auf das munus publicum der S. als Richtergehülfen be-
jaht wurde, — ist zwar von der Deutschen CPO. § 372 (Oesterr. Entw. § 396)
prinzipiell ebenfalls verneint, das Prinzip aber durch die statuirten Ausnahmen
nahezu annullirt worden (Obermeyer, S. 126). — Bezüglich der Frage der
Ablehnung der S. durch die Parteien müßte die gemischte Theorie unterscheiden,
ob die S. als Beweismittel produzirt wurden, in welchem Fall Probat durch Be-
weiseinreden ihre Untüchtigkeit oder Verdächtigkeit, wie bei Zeugen, geltend zu machen
hätte, oder ob die S. als Richtergehülfen beigezogen waren, wo die Parteien ein
Ablehnungsrecht nach den Grundsätzen der Rekusation der Gerichtspersonen haben
würden (vgl. Mittermaier, § 4 S. 131). Die Deutsche CPO. § 371 (Oesterr.
Entw. § 395) gedenkt lediglich des letzteren Rechtes. — Der Erstattung des Gut-
achtens hat die Instruktion und — außer bei Verzicht beider Parteien — die Be-
eidigung des S. voranzugehen. Die Art der Instruktion muß dem richterlichen
Ermessen anheimgestellt werden (vgl. indessen Oesterr. Entw. § 399). Der S.-Eid
aber war von jeher promissorisch (jsuramento antea praestito: 1. 20 C. 4, 21; „vor
Erstattung des Gutachtens“: Deutsche CPO. § 375) und muß so formulirt sein,
daß er jeden Grad der Ueberzeugung trifft („nach bestem Wissen und Gewissen“:
Deutsche CPO. § 375; vgl. auch schon KGSO. von 1555, I. t. 85), während die
Aelteren den S. bald de veritate, bald de credulitate schwören ließen. — Die Be-
gutachtung selbst kann, wie schon nach Gem. Recht, so auch nach den neuesten Ge-
setzen, nach Ermessen des Gerichts mündlich oder schriftlich (Deutsche CP-O. § 376;
Oesterr. Entw. § 400); sie kann bei Uebereinstimmung der S. gemeinsam erfolgen
(Oesterr. Entw. § 401; für die Deutsche CPO. bestritten; vgl. die Cit. bei Ober-
meyer, S. 155 N. 45). Das Gutachten soll nach der überwiegenden Ansicht der
Schriftsteller (Renaud, §149 N. 45) mit Gründen versehen sein; nach dem Oesterr.
Entw. § 401 kann der Richter dies verordnen; nach § 376 Abs. 2 vgl. mit § 361
Deutsche CPO. kann er eine Erläuterung des ohne Gründe abgegebenen Gutachtens
vom S. verlangen. — Ob die Parteien ein Recht darauf haben, der mündlichen
Vernehmung des S. beizuwohnen, wird ebenso wie die Frage, ob ihnen eine Be-
kämpfung des abgegebenen Gutachtens durch ein Beweisdisputirverfahren zu gestatten
sei, davon abhängen, ob und inwieweit man die S. vernehmung als Beweisaufnahme
ansieht (vgl. §§ 322, 258 Deutsche CPO.). — Was aber endlich die Stellung des
Richters zum Gutachten anlangt, so stritt man im Gemeinen Prozeß sowol darüber,
ob der Richter an das übereinstimmende Gutachten der S. gebunden sei oder dasselbe
seiner freien Würdigung unterliege? als auch darüber, wie der Richter in Kollisions=
fällen sich zu verhalten habe?: War man insbesondere seit Gönner (Abh. 45
§§ 13 ff.) geneigt, das übereinstimmende Gutachten für formal bindend zu erklären,
in Kollisionsfällen aber bei Schätzungen eine Durchschnittsberechnung (nach „Schürzen")
anzustellen, bei anderen Begutachtungen die Majorität der S. entscheiden zu lassen,
resp. im Fall der Stimmengleichheit dem Richter die Zuziehung weiterer S. oder
eines Obmanns zu gestatten bzw. zu gebieten; hatte dann die Lehre von Walther
(S. 286 ff.), daß in jedem Kollisionsfall, außer wo es sich um Schätzungen handle,
„Kunst- und S. von bewährterer Geschicklichkeit, oder, wo es zu haben ist, ein
ganzes Kollegium derselben“ Zwecks nochmaliger Prüfung der divergirenden Gut-
achten und Abgabe eines „Obererachtens“ zuzuziehen seien, vielen Anklang gefunden
und mehrfach zur staatlichen Errichtung oberster fachmännischer Kollegien geführt,
so hat sich dagegen die neueste Gesetzgebung wieder dem schon von der älteren Doktrin
und Gesetzgebung befolgten (s. die Nachweise bei Obermeyer, S. 170 ff.; S. 181
N. 79 und 81) und auch vom Code proc. civ. art. 323 und vom Code di proced.
civ. del regno d’Iitalia art. 270 vertretenen Grundsatz der freien Würdigung der Gut-
achten zugewandt. Dies ist auch der Standpunkt der Deutschen CPO. (und des
Oesterr. Entw.), wie derselbe nicht nur von den Motiven bezeugt wird, welche aber
von ihrem Standpunkt aus völlig inkorrekt von freier Beweis würdigung sprechen,