Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

536 Schäfereigerechtigkeit. 
auch hier aus einander die Geschäfts= und die Deliktsobligationen. Hier tritt die 
Begehung, dort mehr die Erfüllung als maßgebendes Moment in den Vordergrund, 
jedoch nicht ohr- mannigfache Abweichung. 
9. Die S.ansprüche, welche nicht aus Vertragsverhältnissen sich entwickeln, 
unterliegen zum Theil einer kurzen Verjährung (3z. B. actio doli, urheberrechts- 
gesetz § 33; Reichshaftpflichtgesetz 5 8 u. a.; Preuß. LR. I. 6 54). 
Lit „Momnmsen, Beiträge zum Oblig. Recht, Zveite Abtheil: Zur Lehre vom Interesse, 
1855. — Cohnfeldt, Die L behre vom Interesse, — Ihering, Das Schuldmoment 
im Römischen Privatrecht (1867) Dersalbe in Eeinis “ Bd. XVIII. S. — (1879). — 
Die Pandektenlehrb. von Brinz, 2. Aufl. Bd. II. §#§ 265—270, 281, 281 a, b, C, d; 
v. Vangerow, §5 571; Windscheid, 88 257, 258. 2 Preuß. Recht: Fänster. ¾4% 89. 
90, 106; Dernburg, II. §§ 74—79. — Für Franzöf echt: Zachariä, §§ 3 
ve 0 4 
Schäfereigerechtigkeit (Thl. I. S. 501) bedeutet im weiteren Sinne des 
Wortes die Befugniß, eine Schafheerde mit einem Schäfer (sog. Schäferei) zu halten. 
Diese Befugniß wird von einigen Schriftstellern auch als Schäfereirecht bezeichnet. 
Die S. im engeren Sinne enthält noch das weitere Recht, die Schafe auf der 
ganzen Feldmark oder auf einzelnen fremden Grundstücken weiden zu lassen. 
Die erstere Befugniß versteht sich an und für sich für den Grundbesitzer von 
selbst. Doch kann dieselbe sowol durch Gesetz als Servitut beseitigt oder beschränkt 
werden. Durch Partikularrechte ist die S. nicht selten der Gutsherrschaft als aus- 
schließliches Recht eingeräumt, anderwärts dafür Grundbesitz von bestimmter Größe 
gefordert worden, endlich findet sich auch die Bestimmung, daß zwar sämmtliche 
Gemeindeglieder Schafe halten dürfen, aber keinen Hirten, vielmehr ihre Schafe 
dem gutsherrlichen Hirten anvertrauen müssen. Im letzteren Falle schreibt man 
dem Schäfereiberechtigten ein Schäferei-Stabrecht zu. Durch eine Servitut wird 
der Eigenthümer des dienenden Grundstücks in dem Fall am Halten einer Schapheerde 
verhindert, wenn derselbe bei einer seinem Grundstück auferlegten Weideservitut aus- 
drücklich von der Mithude ausgeschlossen ist. 
Die S. im engeren Sinne setzt einen besonderen Erwerbsgrund voraus. Dieser 
kann namentlich Vertrag, unvordenkliche Verjährung, Gesetz sein. Nach dem Titel, 
auf dem das Recht überhaupt beruht, richtet sich auch der Umfang desselben. Das 
gilt hinsichtlich der Grundstücke, welche der Hütung seitens des Berechtigten unter- 
liegen, hinsichtlich der Zahl der Schafe, welche dieser unterhalten darf, und hinsicht- 
lich des Umstandes, ob die S. eine ausschließliche ist oder nicht. Ist die S. eine 
ausschließliche, so darf außer dem Berechtigten Niemand auf dem Weiderevier Schafe 
hüten lassen. Ist dieselbe dagegen keine ausschließliche, so können auch die übrigen 
Dorfbewohner Schafe auf die Weide bringen. Je nachdem der Berechtigte nur eine 
bestimmte Zahl Schafe auf die Weide treiben darf, oder darin unbeschränkt ist, 
unterscheidet man gemessene und ungemessene S. Bei der ersteren werden die Läm- 
mer, so lange sie saugen, nicht mitgezählt (s. Preuß. Allg. LR. Thl. I. Tit. 22 
§ 98; Oesterr. BGB. § 500), auf Grund partikularrechtlicher Bestimmungen oder 
von Ortsgebräuchen mitunter sogar ein ganzes Jahr lang und selbst bis zur ersten 
Schur (Bayer. LR. Thl. II. C. 8 § 13 N. 2). Bei der ungemessenen S. ist, wie 
bei der Weidegerechtigkeit überhaupt, der Berechtigte befugt, so viele Schafe auf die 
Weide zu treiben, als er mit dem auf seinem Gute gewonnenen Futter während des 
Winters erhalten kann (Oesterr. BGB. § 500). Allein dieses sog. Durchwinterungs- 
prinzip ist partikularrechtlich bei ausschließlicher Schäfereiberechtigung Einer Person 
nicht immer festgehalten, sondern nur da für maßgebend erklärt worden, wo die 
Schäfereiberechtigung mehreren in derselben Feldmark gebührt (Preuß. Aug. LR. 
a. a. O. §§ 150 ff., vgl. §§ 152 ff.). Im Uebrigen sind für die S. die für die 
Weidegerechtigkeit überhaupt geltenden Grundsätze maßgebend.
	        
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