Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

552 Schiedsrichter. 
das Institut in die Partikularrechte übergegangen (Preuß. Allg. Ger.O. I. 2 8§ 167 ff.; 
I. 30 8§ 48 ff.; Code de proc. art. 1003 ss.), aber zu keiner rechten Entwickelung 
gelangt, wegen der vielen Schranken, welche die Gesetze der freien Bewegung der 
Parteien und der S. zogen. Die Beseitigung dieser Hemmnisse ist die Tendenz 
der Bestimmungen, welche die CPO. 88 851—872 über die S. getroffen hat. Fol- 
gende Punkte sind hervorzuheben: 
1) Fähig zum Abschluß eines Schiedsvertrages sind nur Personen, welche über 
den Gegenstand des Streits einen Vergleich eingehen können (§ 851). Es kann 
aber auch ein Schiedsgericht durch Testament u. s. w. eingesetzt werden (§ 872). 
Der Gegenstand, über welchen der S. entscheiden soll, muß daher der Verfügung 
der Parteien unterliegen, weswegen schon nach Röm. Recht Kompromisse über cri- 
mina publ., del. famosa, actiones populares, causae liberales, nach Kanon. Recht 
über res judicatae ausgeschlossen waren. Die CPO. stellt in sub= und objektiver 
Beziehung die Vergleichsfähigkeit auf, hinsichtlich deren Voraussetzung die Reichs- 
(66 B. Art. 137) oder Landesgesetze (z. B. Preuß. Allg. LR. I. 16 § 406; Sächs. 
BGB. 8 1977) entscheiden. Ueber die Form entscheidet das bürgerliche Recht (vgl. jedoch 
§ 853). Daß auch S. im Voraus für zukünftige Rechtsstreitigkeiten ernannt wer- 
den können, war schon für das Gemeine Recht nicht zu bezweifeln und ist in der 
CPO. 8 852 anerkannt, doch wird in Uebereinstimmung mit der Vorschrift über 
die prorogatio fori (§ 40) verlangt, daß wenigstens das Rechtsverhältniß schon be- 
stimmt sei. Aus dem Kompromiß entsteht für die Parteien die Verpflichtung, Alles 
zu thun, um die Fällung des Schiedsspruches herbeizuführen und kein staatliches 
Gericht zur Entscheidung der Sache anzurufen. Der Vertrag über die S. erzeugt 
die actio und exc. pacti (André, S. 19—24). 
2) Unfähig zum S. waren nach Gemeinem Recht Personen unter 21 Jahren, 
Taube, Stumme, Wahnsinnige, Frauen (es sei denn, daß sie, wie z. B. früher 
Aebtissinnen, Gerichtsbarkeit haben). Die CPO. § 858 hat davon abgesehen, Vorschriften 
über die passive Wahlfähigkeit zum S. zu geben; sie gewährt den Parteien das 
Recht der Ablehnung aus denselben Gründen, welche zur Ablehnung eines Richters 
berechtigen (§§ 42. 43), sowie dann, wenn der S. die Erfüllung seiner Pflichten 
ungebührlich verzögert. Die vorgenannten unfähigen Personen des Gemeinen Rechts 
können ebenfalls abgelehnt werden und ebenso solche Personen, denen die bürgerlichen 
Ehrenrechte aberkannt sind. Streitig war, ob der Kompromiß die individuelle Be- 
zeichnung der S. enthalten muß. Nach CPO. 8 854 ist nicht nur die namentliche 
Bezeichnung der S. nicht erforderlich, sondern der Vertrag sogar gültig, auch wenn 
er keine Bestimmung über die Ernennung enthält. In diesem Fall ernennt jede 
Partei einen S. Ueber das weitere Verfahren bis zur Ernennung vgl. 88§ 855, 
856. Verpflichtet zur Uebernahme eines receptum ist Niemand; wer sich aber be- 
reit erklärt hat, wurde schon im Röm. Rechte durch richterliche Strafe zur Erfül- 
lung gezwungen, wenn ihn nicht gewisse gesetzliche Entschuldigungsgründe zur Nieder- 
legung seines Amtes berechtigen (Krankheit, Alter, Beleidigung durch eine Partei 2c.). 
Auch dem heutigen Recht ist der Zwang durch Klage und Zwangsvollstreckung nicht 
fremd. Ueber die Frist, binnen welcher der Schiedsspruch gefällt werden muß, val. 
1. 13 §§ 3, 4; 1. 14; 1. 21 § 5 D. h. t. Nach der CPO. bleibt den Parteien 
kein anderes Mittel, als an Stelle eines säumigen S. einen andern zu wählen. 
3) Das Verfahren war dem S. nach früheren Gesetzen (Preuß. Allg. Ger.O. 
I. 2 § 171; Code de proc. art. 1009, 1019) durch die Parteien vorgeschrieben, 
sonst gilt der gewöhnliche Prozeßgang. Sind Mehrere ernannt, so sollen sie den 
Ausspruch zusammen thun, es sei denn, daß nach der Absicht der Parteien auch der 
Einzelne zur Fällung berechtigt ist („sammt und sonders“, „sammt oder sonders"). 
In der Regel entscheidet Stimmenmehrheit; welcher Ausweg aber bei Stimmen- 
gleichheit genommen werden soll, darüber herrschte Streit. Nach richtiger Meinung 
galt, wenn es sich um verschiedene Summen handelt, die geringste, stand aber der
	        
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