Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Schiedsrichter. 553 
Inhalt des Urtheils selbst in Frage, so entschied ein Obmann, welcher entweder 
von den Parteien im Voraus bestimmt oder von den S. erwählt wird. Das Ur— 
theil mußte in Gegenwart der Parteien verkündet werden, den Streit vollständig 
entscheiden, keinen unerlaubten Inhalt haben und nicht parteiisch sein. Die CPO. 
§ 860 ff. überläßt Mangels Abrede der Parteien das Verfahren dem freien Er- 
messen der S., welche jedoch die Parteien zu hören haben, sofern diese nicht darauf 
verzichten (§ 867). Die S. können freiwillig erscheinende Zeugen und Sachverstän- 
dige abhören, aber weder sie beeidigen noch von den Parteien einen Eid erfordern, 
vielmehr bedarf es hierzu einer Handlung des Richters, welche auf Antrag der Partei 
vorzunehmen ist. Der S. entscheidet über seine eigene Zuständigkeit (§ 863). Bei 
mehreren S. entscheidet die absolute Mehrheit (§ 864), bei Stimmengleichheit fällt 
der Schiedsvertrag außer Kraft, sofern die Parteien für diesen Fall keine Vorsorge 
getroffen haben (§ 859 Nr. 2). Der Spruch ist von den S. zu unterschreiben, den 
Parteien in Ausfertigung zuzustellen und unter Beurkundung derselben auf der 
Gerichtsschreiberei zu hinterlegen (§ 865). 
4) Der Schiedsvertrag wird vor Beendigung der Sache durch Vergleich, aus- 
drückliches oder stillschweigendes Aufgeben des Kompromisses und durch gewisse Er- 
eignisse, welche die Person des S. oder der Parteien treffen, ungültig. Von diesen 
muß der Tod einer Partei hervorgehoben werden; er macht den Kompromiß hin- 
fällig, wenn er nicht ausdrücklich auf die Erben bezogen ist. Dem Tod gleich ist 
Wahnsinn, Konkurs, Uebernahme einer Gesandtschaft zu erachten. (Vgl. Wind- 
scheid, § 416, Anm. 12, 13; die CPO. entscheidet diese Frage nicht.) Fällt 
die bestimmte in dem Vertrage zum S. bestellte Person weg, so verliert die Ver- 
einbarung ihre Wirkung (§ 859 Nr. 1); tritt dieser Wegfall dagegen bei einem 
nicht schon im Vertrag benannten, sondern bei einem nach Abschluß desselben be- 
stellten S. ein, so ist ein anderes Schiedsgericht zu konstituiren (§ 857). Hier- 
durch entscheidet die CPO. eine besondere Streitfrage durch gesetzliche Interpretation 
des Parteiwillens. 
5) Berufung an den ordentlichen Richter findet gegen einen Schiedsspruch im 
Gemeinen Recht nicht statt. Auch gab es nach richtiger Meinung nur eine Klage 
auf Erfüllung. Nach CPO. 8§ 866 steht der Schiedsspruch einem rechtskräftigen ge- 
richtlichen Urtheil gleich. Daraus folgt, daß gegen denselben ein Rechtsmittel nicht 
stattfindet; es ist vielmehr nur eine Aufhebungsklage gegeben, welche in der Regel 
an keine Frist gebunden ist (Ausnahme §§ 869, 870) und im Wesentlichen die 
Natur der Nichtigkeits= und Restitutionsklage (§§ 541 ff.) hat (§ 867). Es folgt 
ferner daraus, daß aus dem Schiedsspruch Zwangsvollstreckung stattfindet, so jedoch, 
daß der Verurtheilte wie bei einem ausländischen Urtheil (5 660) gehört werden 
und das Gericht ein Vollstreckungsurtheil erlassen muß (§ 868). Für Klage auf 
Aufhebung, Zwangsvollstreckung und die sonstigen, aus dem Schiedsvertrag entstehen- 
den Streitigkeiten ist Mangels einer schriftlichen Bezeichnung im Vertrag das 
an sich für den Rechtsstreit zuständige Gericht kompetent (§ 871). — Verschieden 
von den S. sind die Schätzungsmänner (arbitratores), welche von dem Richter als 
Sachverständige hinzugezogen werden (1. 76 D. 17, 2; 1. 25 pr. D. 19, 2; Preuß. 
Allg. LR. I. 5 §§ 72, 73; I. 11 § 48; Entsch. des ROP. IV. S. 428 ff., III. 
S. 75 ff., VII. S. 31 ff., VIII. S. 110, XVIII. S. 345), und die Schieds- 
männer (s. diesen Art.). Endlich giebt es auch S. im Gebiete des öffentlichen 
(vgl. Reichsverfassung Art. 76; CPO. 3§ 851—872) und Völkerrechts (Alabama-, 
San Juan-Frage 2c.), ohne daß sich jedoch hier sichere Normen ausgebildet haben. 
Hierüber siehe nachstehenden Art. 
Quellen: Tit. D. 4, 8: Cod. 2, 56; X. 1. 43; in VIto I. 22. — Preuß. Allgem. 
Ger.O. I. 2 38§ 167—176; I. 30 §§ 48—56. — Code de proc. art. 1003—1028. — Baden 
8r* 1061—1087. — Bayern Art. 1319—1344. — Württemb. Art. 175—208. — Deutsch. 
ntwurf von 1874 889 792—813.— CO. 88 851—872. — Sichs. B#B. 55 1417—1427.— 
Oesterr. B#B. ö8 l00S, 1391. ie2 ch ss
	        
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