Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

558 Schiedsspruch. 
ändern darf (1. 19 § 2; I. 20 D. ibid.), spricht gegen die allgemeinen Rechtsgrund- 
sätze. Bei nicht konneren, der Entscheidung unterliegenden Sachen ist die Aenderung 
dem Schiedsrichter gestattet, wenn er laut Kompromiß alle gleichzeitig zu entscheiden 
und nur eine einzelne entschieden hatte (I. 21 pr. D. ibid.). — Ein Kompromiß 
hört auf durch die Fällung des S., durch Zeitablauf, durch Todesfall oder all- 
gemeine Unfähigkeit der Schiedsrichter, durch einen entgegenstehenden Vertrag der 
Parteien oder durch Vergleich unter denselben, durch Leistung des Streitigen (val. 
1. 32 8§ 3 u. 5 D. ibid.). — Die Agitation für den S. beginnt mit der Ent- 
stehung der Friedensgesellschaften, welche 1816 in London, 1826 in den Vereinigten 
Staaten von Nordamerika, 1880 in Genf, 1841 in Paris als ein Comité der 
Ssociété de la morale chrétienne sich konstituuirten. Die internationalen Friedens- 
kongresse beginnen mit 1842 in London und fanden 1848—51 statt in Brüssel, 
Paris, Frankfurt a. M. und London. Alle diese Kongresse verlangten, daß das 
Prinzip des S. von einem Völkerkongreß (congrés des nations) proklamirt werde 
(Laveleye, 182 ff.). Die alliance universelle de PTordre et de la civilisation 
in Paris behandelte am 4. Juni 1872 den S. und beschloß aus kompetenten 
Personen eine Kommission zu bilden, welche alle auf die internationale Jurisprudenz 
bezüglichen Dokumente sammeln und die auf die S. bezüglichen historischen Fakta 
populär darstellen sollte (s. die Verhandlungen der alliance, Paris 1872, T. I. 84). 
Die vom 7. bis 9. Sept. 1873 in Genf abgehaltene assemblée générale der ligue 
internationale de la paix et de la liberté hatte auf die Tagesordnung gesetzt, daß 
die geeignetsten praktischen Maßnahmen zur unmittelbaren Einführung des S. er- 
griffen und besonders die Regeln für das Verfahren festgestellt würden. Die Ver- 
sammlung erkannte aber zur Zeit, als das wirksamste Mittel zur Einführung des 
Gebrauchs der S., den Abschluß von Verträgen zur Vermittlung zwischen zwei oder 
mehreren Staaten (Rev. d. dr. intern. V. 632 ss.). Die im Oktober 1873 in 
Brüssel abgehaltene conférence internationale erklärte die Bölker zur Anwendung 
des S. für verpflichtet (obligatoir) bei Streitigkeiten, welche durch Verhandlungen 
nicht beizulegen wären und daß, wenn auch das Mittel nicht in allen Fällen an- 
gewandt werden könne, die Ausnahmen doch wenig zahlreiche sein würden. Mehrere 
Mitglieder der Konferenz anerkannten nur eine Pflicht, nicht eine juridische Ver- 
pflichtung (I. c. 696), indeß hat eine freie Konferenz, welche für den S. sich erklärt, 
sich für eine strikte Verpflichtung auszusprechen, denn sonst kann sie wol kaum er- 
warten, daß Völker und Staatsregierungen ihre Beschlüsse für mehr als pia desideria 
halten werden. Reisen zur Agitation für den S. unternahmen Elihu Burrit 
(schon 1848) von Amerika nach England, in den letzten Jahren Miles, Sekretär 
der Bostoner Friedensgesellschaft, nach Frankreich, Italien, Deutschland und Belgien, 
und 1873 Henry Richard nach verschiedenen größeren Städten Belgiens, Hollands, 
Oesterreichs, Italiens und Berlin. Das Institut de droit international berieth in 
zwei Jahressitzungen in Genf (1874) und im Haag (1875) ein vom resp. Bericht- 
erstatter Prof. Dr. Goldschmidt ausgearbeitetes „Reglement für das internationale 
schiedsrichterliche Verfahren“. Das an letzterem Ort endlich redigirte und be- 
schlossene Reglement wurde den Ministerien des Auswärtigen mitgetheilt, und ist 
damit die häufig großen, Zeitaufwand verursachende Vereinbarung des Verfahrens für 
jeden einzelnen S. fall, insoweit die Staaten jenes Reglement für ihre S-fachen 
acceptiren wollen, unnöthig geworden. — Den Verhandlungen in freien Konferenzen 
find Anträge, Diskussionen und Beschlüsse in Legislativen gefolgt, jene haben diese 
entweder vorbereitet oder sie unterstützt, falls sie diesen erst folgten. 
Soweit bekannt wurde der erste Antrag zu Gunsten der internationalen S. in 
Legislativen gestellt im Jahre 18385 im Repräsentantenhause von Massachusetts, so- 
dann 1837 und 1838 in dem des Kongresses der Vereinigten Staaten und 1851 
und 1853 in dem Senat dieses Kongresses. Letzterer nahm 1853 eine Resolution, 
an, welche den Präsidenten aufforderte, in den Vertrag einen Artikel aufzunehmen,
	        
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