Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

570 Schiffsgläubiger. 
Rechten, namentlich im Englischen und Französischen, finden. Danach erscheint der S. 
als Vertreter der Rheder nicht, so lange das Schiff sich im Heimathshafen befindet. 
Eine Ausnahme besteht in dieser Hinsicht nur in Betreff der Annahme der Schiffs- 
mannschaft. Außerhalb des Heimathshafens jedoch ist der S. der gesetzliche Ver- 
treter des Rheders nicht nur für die Eingehung von Frachtverträgen, sondern für 
die Vornahme aller Geschäfte und Rechtshandlungen, welche die Erhaltung des 
Schiffes und die Ausführung der Reise mit sich bringen. Die gültige Eingehung 
gewisser Geschäfte, nämlich von Darlehnsgeschäften, Käufen auf Borg und ähnlichen 
Kreditgeschäften, ist freilich an die (von dem ein solches geltend machenden Dritten 
zu beweisende) Bedingung geknüpft, daß die Eingehung des Geschäfts überhaupt und 
in dem Umfange, in welchem es abgeschlossen, 1) zur Erhaltung des Schiffes oder 
2) zur Ausführung der Reise nothwendig gewesen ist; die von Bodmereigeschäften 
an die zweite Bedingung. Wogegen es irrelevant ist, ob die Verwendung wirklich 
erfolgt, oder unter mehreren Kreditgeschäften eine zweckmäßige Wahl getroffen, oder 
etwa gar dem S. das erforderliche Geld zur Verfügung gestanden; es müßte denn 
der Dritte nachweislich in bösem Glauben gewesen sein. Die Befugniß zur Ab- 
schließung von Geschäften auf den persönlichen Kredit des Rheders, insbesondere zur 
Eingehung von Wechselverbindlichkeiten für denselben, ist in der gesetzlichen Vollmacht 
des S. nie enthalten, hierzu bedarf er einer Spezialvollmacht. Innerhalb seines 
Wirkungskreises ist der S. auch zur Anstellung von Klagen befugt, passiv legitimirt 
aber nur bei Klagen aus der Bodmerei auf den Verkauf der verbodmeten Gegen- 
stände (Deutsches HGB. Art. 697) und bei der Klage des Schiffsgläubigers aus 
seinem gesetzlichen Pfandrecht (Art. 764). Im Falle dringender Nothwendigkeit darf 
der S. auch zum Verkauf des Schiffes schreiten. Doch muß diese Nothwendigkeit 
festgestellt werden, wenn möglich durch das Ortsgericht nach Anhörung von Sach- 
verständigen und unter Zuziehung des Konsuls. Auch muß der Verkauf öffentlich 
geschehen. Im Verhältniß zwischen S. und Rheder richtet sich der Umfang der 
Vertretungsbefugnisse nach der Ermächtigung, die der erstere vom letzteren erhalten 
hat, und nur, wenn nichts in dieser Hinsicht festgestellt, ist auch hier das Gesetz maß- 
gebend. Der S. hat also die vom Rheder beliebten Beschränkungen seiner gesetzlichen 
Vollmacht zu respektiren, und macht sich dem letzteren gegenüber schadensersatzpflichtig, 
wenn er es nicht thut. Allein dem Dritten gegenüber hat eine solche Beschränkung 
nur dann Wirkung, wenn der Rheder beweist, daß sie demselben bekannt war. 
Von ähnlichem Umfange sind die Befugnisse, mit denen der S. als gesetzlicher 
Vertreter der Ladungsbetheiligten auf der Reise ausgestattet ist. Er ist nicht nur 
legitimirt, zur Wiedererlangung der durch Anhaltung, Aufbringung oder auf andere 
Weise entzogenen Ladung alle gerichtlichen und außergerichtlichen Schritte zu thun, 
sondern darf auch die Ladung ganz oder zum Theil löschen, um einen Verlust von 
derselben abzuwenden oder zu verringern; sie verbodmen, sowie einen Theil derselben 
verkaufen oder verwenden, um die Mittel zur Fortsetzung der Reise zu gewinnen; 
gleichjalls zur Verbodmung der Ladung schreiten, um die Mittel zu ihrer Erhaltung 
und Weiterbeförderung zu beschaffen, aber auch zum Verkauf, vorausgesetzt, daß so 
allein ein erheblicher Verlust abgewendet werden kann. Doch ist ein solches vom 
S. abgeschlossenes Geschäft nur dann für die Ladungsbetheiligten verbindlich, wenn 
und soweit die Nothwendigkeit dargethan wird. Auf den persönlichen Kredit der 
letzteren darf derselbe nur auf Grund einer Spezialvollmacht Geschäfte abschließen. 
sgb. u. Lit.: Deutsches H###B. Art. 478—527. — Franz. Code de comm. art. 
221—2.— — Belg. Code de comm. II. (Gesetz vom 21. August 13 1 art. 12—39. — 
Pöhls, Seerecht, 1. S. 141 ff. — Kaltenborn, Seerecht, I. S. 138 ff. — Lewis, 
Deutsches Seerecht, I. S. 78 ff. — Maclachlan, On the law * nietchent Shipping (2. ed. 
Lond. 1876), p. 187 ss. — Cresp- Laurin, Droit maritime, 1. (Paris 1376) p. 563 ss. — 
Desjardins, Droit commercial maritime, I. (Paris 1880) p. 215 ss. Lewis. 
Schiffsgläubiger (Th. I. S. 546) sind solche Gläubiger, denen ein privilegirtes 
Pfandrecht am Schiffsvermögen des Rheders zusteht, und zwar, mit Ausnahme des
	        
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