Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Schiffsgläubiger. 571 
Bodmereigläubigers, ein gesetzliches. Es sind dies Gläubiger, welche ihre Ansprüche 
aus der bestimmungsmäßigen Verwendung des Schiffes zur Seefahrt herleiten, und 
zwar 1) solche, deren Forderungen entstanden sind durch Aufwendungen zur Erhaltung 
und Rettung des Schiffs aus einer Gefahr, gleichviel ob der Rheder beschränkt oder 
unbeschränkt dafür haftet; und 2) solche, die derartige Aufwendungen nicht gemacht 
haben, sich aber für ihre Ansprüche nur an Schiff und Fracht halten können (Protok. 
der Handelsr. Komm. VI. S. 2844). Die Seegesetze haben es für nöthig befunden, 
die einzelnen Forderungen aufzuzählen, welche die Rechte eines S. gewähren. Nach 
Deutschem Seerecht sind es folgende: 
1) die Kosten des Zwangsverkaufs des Schiffs, einschließlich der etwaigen 
Bewachungs-, Verwahrungs= und Erhaltungskosten; 
2) die öffentlichen Schiffs-, Schiffahrts= und Hafenabgaben; 
3) die Forderungen der Besatzung aus den Dienst= und Heuerverträgen; 
4) die Lootsengelder, Bergungs-, Hülfs-, Loskaufs= und Reklamekosten; 
5) die Beiträge des Schiffs zur großen Havarie; 
6) die Forderungen der Bodmereigläubiger, denen das Schiff verbodmet ist, 
sowie die Forderungen aus Rechtsgeschäften, die der Schiffer kraft seiner gesetzlichen 
Vollmacht außerhalb des Heimathshafens abgeschlossen hat; 
7) die Forderungen wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungs- 
güter und der Reiseeffekten der Passagiere und alle sonstigen Forderungen wegen 
Nichterfüllung oder nicht vertragsmäßiger Erfüllung eines vom Rheder eingegangenen 
Vertrages, dessen Ausführung zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört; 
8) die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung 
(Deutsches HGB. Art. 757). 
Das dem S. zustehende Pfandrecht ergreift nach Deutschem Recht das Schiff 
nebst Zubehör und die Bruttofracht der Reise, auf welcher die Forderung entstanden 
ist; das den Personen der Schiffsbesatzung gebührende auch noch die Fracht der 
früheren Reisen, die unter denselben Dienst= und Heuervertrag fallen. Dagegen 
ergreifen die den Deutschen Forderungen der S. entsprechenden créances privilégiées 
des Französischen und die maritime liens des Englischen Rechts nur das Schiff und 
den Zubehör desselben. 
Das Pfandrecht des S. ist ein privilegirtes, indem es — freilich nicht nach 
allen Rechten, wohl aber nach dem Deutschen — im Falle der Konkurrenz mit 
einem auf Grund des bürgerlichen Rechts am Schiffe haftenden sonstigen Pfandrecht 
den Vorrang hat. Es sichert nicht nur die Kapitalsforderung, sondern auch den 
Anspruch wegen der Bodmereiprämie, der Zinsen und der Kosten. Dasselbe ist als 
ein dingliches Recht gegen jeden dritten Besitzer des Schiffs verfolgbar. Es kann 
vom S. geltend gemacht werden sowol gegen den Rheder, als gegen den Schiffer, 
und zwar gegen den letzteren auch, wenn das Schiff im Heimathshafen liegt, und 
es ist das gegen den Schiffer erstrittene Erkenntniß auch gegen den Rheder wirksam. 
Was die Rangordnung der S. selbst anlangt, so gehen gewisse Forderungen 
allen übrigen vor, nämlich die Kosten des Zwangsverkaufs nebst den Bewachungs- 
und Verwahrungskosten. Von den übrigen gehen immer die eine spätere Reise be- 
treffenden denen vor, welche die früheren Reisen betreffen. Nur sind die aus einer 
früheren Reise entstandenen Forderungen aus den Dienst= und Heuerverträgen mit 
demselben Vorrecht ausgestattet, wie die eine spätere Reise betreffenden, vorausgesetzt, 
daß die verschiedenen Reisen unter denselben Dienst= oder Heuervertrag fallen. Für 
die in diesem Sinne gleichzeitigen Forderungen gilt folgende Rangordnung: 
1) die öffentlichen Schiffs-, Schiffahrts= und Hafenabgaben; 
2) die bezeichneten Forderungen der Besatzung; 
3) die Lootsengelder, die Bergungs-, Hülfs-, Loskaufs= und Reklamekosten, 
die Beiträge des Schiffs zur großen Havarie, die Forderungen aus den vom Schiffer 
in Nothfällen abgeschlossenen Bodmerei= und anderen Kreditgeschäften, sowie aus
	        
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