Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Schffstollision. 573 
jetzt in Betreff der Gestaltung dieses Repartitionsprinzips keine Uebereinstimmung 
unter den verschiedenen Seerechten, weder in Betreff des zu repartirenden Schadens, 
noch in Betreff der Art und Weise der Vertheilung desselben. Nach einer Anzahl 
älterer und neuerer Seerechte (dem Portugiesischen und Holländischen HGB., dem 
Englischen und Nordamerikanischen Recht) ist Gegenstand der Repartition der Schaden, 
welchen Schiff und Ladung erlitten haben, und zwar wurde ursprünglich der Schaden 
am Schiff auf die beiden Schiffe vertheilt, der an der Ladung auf die beiderseitigen 
Ladungen, in der späteren Zeit aber und so auch jetzt werden Schiff und Ladung 
als eine Masse betrachtet, und es wird daher der dem Schiff oder der Ladung zu— 
gefügte Schaden von beiden Schiffen und — soweit sie beladen sind — den Ladungen 
getragen. Die meisten älteren, wie jetzt geltenden Seerechte lassen jedoch eine Repar— 
tition nur hinsichtlich der den Schiffen zugefügten Beschädigungen eintreten. Die 
Repartition selbst wird aber entweder — und zwar nach der Mehrzahl der älteren 
und neueren Seerechte (so z. B. dem Französischen und Italienischen) — in der 
Weise vorgenommen, daß jedem Schiff die Hälfte des Schadens auferlegt wird, oder 
aber so, daß dieser nach dem Verhältniß des Werths der beiden Schiffe vertheilt 
wird (so von den neueren Seerechten das Russische, Portugiesische, Holländische). 
Dieses Repartitionsprinzip besteht indeß in den sämmtlichen angegebenen Fällen heut— 
zutage fast nirgends mehr. Bei dem durch beiderseitige Schuld herbeigeführten 
Zusammenstoß findet noch jetzt in einer Reihe von Seerechten Repartition statt, 
wogegen nach den anderen in diesem Falle ein Anspruch auf Ersatz des zugefügten 
Schadens überhaupt nicht Platz greift, der Schaden vielmehr von dem Beschädigten 
selbst zu tragen ist. Auf ersterem Standpunkt steht das Englische und Nordamerikanische 
Recht, die Französische Jurisprudenz, die jedoch in neuerer Zeit überwiegend, ganz 
wie das Schwedische, Norwegische und das neuere Belgische Seerecht, als Maßstab 
für die Repartition, die Größe der Schuld auf der einen und anderen Seite an— 
nimmt, auf letzterem das Portugiesische, das Holländische, das Russische und das 
Deutsche Recht. Bei der durch Zufall veranlaßten Kollision erkennen nur das 
Dänische und Russische Seerecht, und letzteres auch nur für den zur Nachtzeit er— 
folgten Zusammenstoß das Repartitionsprinzip an. Alle übrigen lassen jedes Schiff 
seinen Schaden tragen. In dem Falle endlich, wo der Zusammenstoß zwar nicht 
in Folge eines Zufalls erfolgte, die Schuld aber nicht nachgewiesen werden kann, 
lassen die meisten Rechte die Repartition eintreten. Indeß ist dieses Prinzip auch 
hier beseitigt im Norwegischen und Schwedischen Seerecht, sowie im Deutschen HG. 
Das Deutsche HGB. hat die Prinzipien des Röm. Rechts wieder hergestellt, 
allerdings mit der durch den Grundsatz, daß der Rheder für die bei Ausführung 
der Dienstverrichtungen vorgekommenen Versehen der Besatzung haftet, bedingten 
Modifikation. Die vom HGB. aufgestellten Grundsätze sind demgemäß folgende: 
Sind in Folge eines Zusammenstoßes von Schiffen Schiff oder Ladung oder Schiff 
und Ladung auf einer oder beiden Seiten beschädigt oder ganz zu Grunde gegangen, 
so ist, wenn die Kollision durch das Verschulden einer Person der Besatzung des 
einen Schiffs (d. h. des Schiffers, der Schiffsmannschaft oder einer der sonst noch 
auf dem Schiffe angestellten Personen) herbeigeführt ist, der Rheder dieses verpflichtet, 
den dem anderen Schiff und dessen Ladung zugefügten Schaden zu ersetzen, ohne daß 
dadurch die persönliche Ersatzpflicht der Personen der Besatzung selbst berührt wird. 
Der Rheder, dessen Haftung natürlich, den darüber bestehenden allgemeinen Grund- 
sätzen gemäß, auf Schiff und Fracht beschränkt ist, haftet übrigens nicht nur für den 
Schaden, der an oder auf dem Schiffe verursacht ist, mit welchem das seinige 
kollidirte, sondern auch für den, welcher dadurch entstanden ist, daß der zwischen 
diesem und seinem Schiffe stattgehabte Zusammenstoß einen Zusammenstoß des ersteren 
mit einem dritten verursacht hat. Trägt dagegen die Schuld an dem Zusammenstoß 
die Besatzung beider Schiffe, oder ist derselbe durch Zufall verursacht, oder läßt sich 
nicht ermitteln, ob Zufall oder Verschulden die Urfache der Kollision gewesen, so
	        
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