Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

574 Schiftsmanmschaft. 
findet ein Anspruch auf Ersatz des den Schiffen zugefügten Schadens nicht statt. 
Das Verschulden des einen oder des anderen oder beider Theile ist in jedem Falle 
zu erweisen, mögen beide Schiffe, oder das eine oder das andere sich auf der Fahrt 
oder — wenn sie befestigt waren, sich aber losgerissen haben — im Treiben be- 
finden, oder vor Anker oder am Lande befestigt liegen. Eine Präsumtion für die 
Schuld des in Fahrt befindlichen Schiffs, wie sie andere Rechte (z. B. das Russische) 
aufstellen, kennt das Deutsche OG. nicht. Für den Schaden, welcher durch den 
vom Lootsen, der das Schiff führte, verschuldeten Zusammenstoß herbeigeführt ist, hat 
der Rheder nicht einzustehen, vorausgesetzt, daß der Lootse ein Zwangslootse war, 
und die Schiffsbesatzung die ihr obliegenden Pflichten erfüllt hat. War der Lootse 
dagegen kein Zwangslootse, so haftet der Rheder für die Folgen des unter dem 
Kommando seines Schiffers erfolgten Zusammenstoßes, wenn dabei ein Versehen von 
dessen Seite vorgekommen. Abgesehen nämlich von dem Fall der rechtlichen Noth- 
wendigkeit, einen Lootsen zu nehmen, bleibt der Schiffer der verantwortliche Führer 
des Schiffs. Ein vollständiges Abgeben des Kommandos an einen anderen involvirt 
also stets eine cupa. Wenn das Gesetz den Rheder jedes Schiffs den demselben 
zugefügten Schaden tragen läßt, falls der Zusammenstoß durch beiderseitiges Ver- 
schulden herbeigeführt ist, so hindert dies bei Beschädigung der Ladung deren Eigen- 
thümer nicht, Entschädigung von den Rhedern, auch dem des Schiffs, auf welchem 
sich die Ladung befand, zu fordern. Dagegen haftet der Rheder auch den Ladungs- 
eigenthümern nicht, wenn die den Schaden herbeiführende Kollision durch einen 
Zwangslootsen verschuldet ist. Eine Haftpflicht der Ladungseigenthümer findet in 
keinem Falle statt. 
Gsgb. u. Lit.: Deutsches HG#B. Art. 736—741. — Franz. Code de comm. art. 
407. — Belg. Code de comm. L. II. (Gesetz vom 21. Aug. 1470) art. 228—231. — 
Maclachlan, On the law of merchant shipping (2. ed. Lond. 1876), p. 285 ss. — 
Höchster et Sacré, Droit maritime (Paris 1876), I. p. 184 ss.; II. p. 734 ss. — 
Goujet et Merger, Dictionnaire de droit commercial (3. éd. von Ruben de Couder), 
I. p. 8 ss. — Lamprecht in Goldschmidt- 3Z Zeitschr. für das ges. H.N. XXI. S. 12 
bis 99. — Lewis, Deutsches Seerecht, II. 2 ff. Lewis. 
Schiffsmannschaft (Th. I. S. 544) ist das zur Bedienung eines Kauffahrtei- 
schiffs bestimmte Personal. Die Rechtsverhältnisse derselben haben nach allen Rich- 
tungen hin in Deutschland eine reichsgesetzliche Regelung erfahren in der Seemanns- 
ordnung vom 27. Dezember 1872. Wennschon das Gesetz von der S. nicht nur 
den Kapitän ausschließt, sondern auch — auf Dampfschiffen — das gesammte 
Maschinenpersonal, so legt es doch nicht nur diesem, sondern auch den als Auf- 
wärtern oder in einer anderen Eigenschaft auf dem Schiffe angestellten Personen 
dieselben Rechte und Pflichten bei, wie der S. Eine seerechtliche Bezeichnung, welche 
den Schiffer, die Mannschaft und die sonst noch auf dem Schiffe angestellten Personen 
umfaßt, ist Schiffsb esatzung (Deutsches HGB. Art. 445). 
Die S. zerfällt in die Offiziere und die gewöhnlichen Seeleute. Als Offiziere 
sind nur die zu bezeichnen, die ein Kommando auf dem Schiffe führen. Das sind 
die Steuerleute und der Bootsmann, unter der Voraussetzung, daß er Steuermanns- 
dienste versieht. Auf Dampfschiffen rechnet man auch den Ingenieur und die Ma- 
schinisten dahin. Die gewöhnlichen Schiffsleute zerfallen, je nach den besonderen 
Funktionen, die ihnen auf dem Schiffe zugewiesen sind, resp. dem ihnen zukommenden 
Range und der ihnen gebührenden Heuer, in verschiedene Kategorien. Man unter- 
scheidet Bootsmann, Zimmermann, Koch, Segelmacher, Vollmatrosen, Leichtmatrosen, 
Schiffsjungen. 
Für den Eintritt in den Schiffsdienst wird im Deutschen Reichsgebiet gefordert, 
daß der betreffende mit einem Seefahrtsbuch versehen ist, welches ihm von einem 
Seemannsamte ausgefertigt wird. Ist derselbe ein Deutscher, so wird hierzu voraus- 
gesetzt, daß er das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, sich über seine Militärver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.