Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

576 Schiffspapiere. 
deshalb wünschenswerth, daß ein Kongreß der seefahrenden Staaten gemeinsame 
Grundsätze in dieser Hinsicht nach Art der Pariser Deklaration aufstellen möchte; 
ob und wann es dagu kommen wird, ist allerdings bei der gegenwärtigen Lage der 
internationalen Beziehungen nur problematisch. Bis zu einer solchen Einigung wird 
davon auszugehen sein, daß die Frage, welche Papiere zum Erweise der Nationalität 
eines Schiffes erforderlich sind, nach den Gesetzen des Landes zu entscheiden ist, dem 
das Schiff angehört (Preuß. Prisen-Regl. vom 20. Juni 1864 F 6). 
Im Allgemeinen ist hervorzuheben: dem Schiffer liegt die Sorge dafür ob, 
daß sich die erforderlichen S. an Bord befinden, er soll die Reise nicht antreten, 
bevor er mit denselben versehen ist. Der Befrachter ist verpflichtet, dem Schiffer 
diejenigen Papiere auszuhändigen, die zur Verschiffung der Ladung gehören, und 
zwar binnen der Frist, innerhalb deren nach dem Frachtvertrage die Einlieferung der 
Ladung selbst zu geschehen hat. Schiffe, die keine Papiere führen, eben solche, bei 
denen doppelte oder falsche Papiere gefunden werden, sind von vornherein ver- 
dächtig. Die Wirkung tritt wiederum vorzugsweise im Fall eines Seekrieges hervor. 
Werden solche Schiffe aufgebracht, so gelten sie, wenn sie nicht im Stande sind, den 
auf ihnen lastenden Verdacht zu widerlegen, als gute Prise. Auch die Verantwort- 
lichkeit für den hieraus dem Rheder und den Ladungsinteressenten erwachsenden Ver- 
mögensnachtheil trifft zunächst den Schiffer. 
Im Einzelnen lassen sich die hauptsächlichsten S. wie folgt klassifiziren: 
a) Urkunden, betreffend Eigenthum und Nationalität des Schiffes. Im Geltungs- 
gebiet des HGB. dient hierzu das Schiffscertifikat, eine Bescheinigung über die Ein- 
tragung des'’ Schiffes in das Schiffsregister, welche von der Registerbehörde. aus- 
gefertigt und durch die sowol das Eigenthum am Schiff wie das Recht desselben zur 
Führung der Reichsflagge dargethan wird. Nur Schiffe von nicht mehr als 50 
Kubikmeter Brutto-Raumgehalt können, auch ohne ein Schiffscertifikat zu besitzen, zur 
Führung der Reichsflagge befugt sein. Die Einrichtung des Schiffsregisters und der 
Schiffscertifikate ist vornehmlich Englischem Muster nachgebildet; früher galt in 
Deutschland als hauptsächlichstes Dokument über die in Rede stehenden Verhältnisse 
der Beil= oder Bielbrief; nach dem Code de comm. und den auf der Grundlage 
desselben beruhenden Handelsgesetzbüchern werden besondere Urkunden in Betreff des 
Eigenthums und in Betreff der Nationalität erfordert (acte de propriété und acte 
de francisation). b) Urkunden, betreffend das Verhalten gegenüber den Polizei= und 
sonstigen Hafenbehörden. Dahin gehören der Seepaß, Quittungen über Bezahlung 
von Zöllen und Hafenabgaben und der Meßbrief. Letzterer ist ein Zeugniß über 
Größe und Tragfähigkeit des Schiffes. Auf Grund einer bereits in der Norddeut- 
schen Bundesverfassung enthaltenen, demnächst auch in die Reichsverfassung über- 
gegangenen Bestimmung sind für das Deutsche Reich durch den Bundesrath all- 
gemeine Anordnungen über die Vermessung der Seeschiffe und die Ausstellung von 
Meßbriefen getroffen worden. Seit dieser Zeit werden die Deutschen Meßbriefe auch 
im Auslande allgemein anerkannt. c) Urkunden, betreffend die Equipage. Die vor- 
züglichste derselben ist die Musterrolle, ein von der Musterungsbehörde urkundlich 
ausgefertigtes Verzeichniß, welches Namen und Nationalität des Schiffes, ferner 
Namen und Wohnort (Heimath) des Schiffers, sowie jeder einzelnen Person der 
Schiffsbesatzung angiebt. Der Eintragung in die Musterrolle muß die Anmusterung 
voraufgehen, d. i. die persönliche Vorstellung des Schiffsvolkes und eine Verlaut- 
barung der von demselben mit dem Schiffer abgeschlossenen Heuerverträge vor der 
Musterbehörde. Hierbei müssen die Schiffsoffiziere durch Qualifikationszeugnisse, die 
Matrosen durch die den Gesindebüchern analogen Seefahrtsbücher darthun, daß ihrer 
Verheuerung keine Hindernisse entgegenstehen. Auf Grund des bei der Anmusterung 
aufgenommenen Protokolls wird der Inhalt der Heuerverträge mit in die Muster- 
rolle ausgenommen. Letztere vertritt in Preußen zugleich die Stelle eines Seepasses. 
d) Urkunden, die Ladung betreffend: Certepartien, Konnossemente; das vom Schiffer
	        
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