Schöffengericht. 591
Sachen eintreten (GVG. 88 45—50). Die S. werden „bei ihrer ersten Dienst—
leistung“ in öffentlicher Sitzung „für die Dauer des Geschäftsjahres“ in Eid ge—
nommen (GVG. 8 51).
III. Die Zuständigkeit des S., welche durch das GVG. 88 27 — 29 und
75 geregelt ist, beruht theils unmittelbar auf dem Gesetz, theils auf der der Straf-
kammer ertheilten Ermächtigung, gewisse Strafsachen dem S. zuzuweisen. In beiden
Beziehungen bestand unverkennbar die Absicht, die relativ minder wichtigen Delikte
den S. zuzuweisen, und ist man von dem Gedanken ausgegangen, daß das S. nicht
auf mehr als dreimonatliches Gefängniß, Geldstrafe und Geldbuße von 600 Mark
erkennen sollte. Allein man scheint später, als einmal die Einführung der Be-
rufung gegen die Erkenntnisse der S. beschlossen war, das Verfahren vor den S.
nicht mehr als ein solches angesehen zu haben, welches geringere Garantien biete
als das vor der Strafkammer. Man hat daher der Strafbefugniß des S. keine
andere Grenze gesetzt, als welche vom Strafgesetz selbst vorgezeichnet ist. Demnach
sind dem S. durch das Gesetz zugewiesen: a) alle Uebertretungen; b) die im Gesetz
mit dem obenbezeichneten Höchstausmaß der Strafe bedrohten Vergehen (mit nicht
unwichtigen Ausnahmen, den im G. § 74 und Straf GB. § 320 erwähnten Ver-
gehen); c) alle Fälle der Privatanklage; d) nicht gualifizirte Diebstähle, Unter-
schlagung, Betrug und Sachbeschädigung, wenn es sich um weniger als 25 Mark
handelt; e) Begünstigung und Hehlerei, wenn das in erster Linie in Betracht kom-
mende Delikt zur Zuständigkeit der S. gehört. Es kommen also Fälle ans S., bei
welchen von Anfang an eine bedeutend höhere Strafe als zulässig erscheint; über-
dies gilt die Abgrenzung nach der Höhe des Schadens nur prima facie, nur für die
Einleitung des Verfahrens; selbst wenn sich im Laufe der Hauptverhandlung heraus-
stellt, daß der Werth oder Schaden mehr als 25 Mark beträgt, ist darum allein
die Zuständigkeit des S. nicht beseitigt und wird dieses natürlich eine entsprechend
höhere Strafe zu verhängen haben. Tritt dagegen in einem solchen Falle aus an-
deren Gründen die Nothwendigkeit ein, die Verhandlung auszusetzen, dann hat das
Gericht wegen der hervorgetretenen Höhe des Schadens seine Unzuständigkeit
auszusprechen, und dieser Ausspruch ist, wie aus den Verhandlungen der Justiz-
kommission des Reichstages sich ergiebt, für die Strafkammer bindend, wie es scheint
nicht blos hinsichtlich der Kompetenzfrage, sondern auch hinsichtlich der schon aus-
gesprochenen Eröffnung des Hauptverfahrens. (Vgl. insbes. v. Schwarze, GW.
§ 28 Nr. 2 und 3.)
Die der Strafkammer überlassene Zuweisung der Verhandlung und Entschei-
dung gewisser Strafsachen an das S. tritt in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen
(VG. § 75 Ziff. 1—15) ein und ist von folgenden Bedingungen abhängig: a) Nur
Verhandlung und Entscheidung kann überwiesen werden; die Eröffnung des Haupt-
verfahrens muß noch von der Strafkammer beschlossen sein; andererseits kann die
Ueberweisung nur bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen werden; also
z. B. nicht, wenn nachher sich die Geringfügigkeit der Sache herausstellt und ohne-
hin eine Aussetzung des Verfahrens eintreten muß. b) Der Antrag der Staats-
anwaltschaft muß vorliegen; da die Ueberweisung nur bei Eröffnung des Haupt-
verfahrens, diese aber auch gegen den Antrag des Staatsanwalts beschlossen werden
kann, so wird unter Umständen ein Eventualantrag der Staatsanwaltschaft gestellt
werden müssen. c) Antrag und Beschluß sind in das Ermessen des Staatsanwaltes
und der Strafkammer gestellt und nur davon abhängig, daß „nach den Umständen
des Falles anzunehmen ist, daß wegen des Vergehens keine andere als die oben
bezeichnete Strafe zu erkennen sein werde“. Dabei handelt es sich aber blos um
eine vorläufige Annahme, welche das freie Ermessen des S. weder bei unveränderter,
noch bei sich ändernder Sachlage beirrt. — Gegen den Beschluß auf Zuweisung der
Sache an das S. ist keine Beschwerde offen, wol aber gegen den mit ihm zusammen-