592 Schöffengericht.
hängenden Beschluß auf Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn und soweit solcher
auch sonst der Beschwerde unterliegt (StrafPO. 8 209. Einige Kontroversen in der
unten angeführten Schrift von Voitus).
IV. Auf das Verfahren übt die gemischte Formation des S. viel weniger
Einfluß, als die des Schwurgerichtes. Abgesehen von dem schon erwähnten Falle
einer summarischen Aburtheilung des vorgeführten, der That geständigen, nur einer
Uebertretung Beschuldigten durch den Amtsrichter allein kommt hier nur die durch
die Vorzeichnung ordentlicher Gerichtstage getroffene Vorkehrung gegen willkürliche
Auswahl der Schöffen in Betracht. Die Abweichungen vom normalen Verfahren,
die immerhin stattfinden, obgleich man auf Vermeidung solcher bei Vorbereitung
der StrafPO. den höchsten Werth legte, sind nicht durch die Formation des Ge-
richtes, sondern durch die relative Geringfügigkeit der Strassachen und die Noth-
wendigkeit eines einfacheren Verfahrens herbeigeführt worden:
1) Die Voruntersuchung ist in den „zur Zuständigkeit der S. gehörigen
Sachen" (mit diesem Ausdrucke werden die kraft des Gesetzes dahin gehörigen be-
zeichnet, sollen die durch Beschluß dahin verwiesenen mit verstanden werden, so ge-
braucht das Gesetz den Ausdruck: „vor die S. gehörigen Sachen") unzulässig (Straf-
PO. § 176 Abf. 3), doch ist nicht ausgeschlossen, daß der Amtsrichter „einzelne
Erhebungen“ anordne (StrafP O. § 200).
2) Die Eröffnung des Hauptverfahrens ((. diesen Art.) richtet sich
zwar nach den allgemeinen Grundsätzen, d. h. sie erfolgt auf Grund einer Anklage-
schrift der Staatsanwaltschaft durch Beschluß des Amtsrichters, allein es treten doch
erhebliche Abweichungen ein. Es kann „ohne schriftlich erhobene Anklage und ohne
eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverhandlung
geschritten werden, wenn der Beschuldigte entweder sich freiwillig stellt oder. in
Folge einer vorläufigen Festnahme dem Gerichte vorgeführt oder nur wegen Ueber-
tretung verfolgt wird“ (Straf# O. § 211). In anderen Fällen ist zwar die An-
klageschrift unerläßlich (StrafPm O. § 197), es genügt aber eine ganz einfache Fas-
sung, ohne Anführung der Ergebnisse der vorausgegangenen Erhebungen (StrafP O.
§ 198 Abs. 1) und es bedarf (den Fall der Privatklage ausgenommen) nicht der
vorläufigen Vernehmung des Beschuldigten. Ueberdies zieht die Natur der Sache
der vorläufigen Prüfung der Anklage engere Schranken. Einerseits nämlich kann
von einer Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Antrag der Staatsanwaltschaft
(gerade hier, wo diese durch minder hervorragende Organe vertreten ist) nicht die
Rede sein, weil dazu das Substrat fehlt. Nach der anderen Seite hin sei hier die
bezügliche Stelle der Motive angeführt, weil sie auf die ganze Anordnung des Ver-
fahrens vor dem S. ein, wegen Zerstreutheit der für dasselbe geltenden Bestim-
mungen, sehr dankenswerthes Licht wirft: „Es ist nicht zu verkennen, daß bei ge-
ringfügigen Strafsachen, namentlich bei Polizeiübertretungen, zur Eröffnung des
Hauptverfahrens ein geringeres Maß von Beweisen als in anderen Sachen genügen
wird und muß, und man wird eine genauere Aufklärung der Sache im Wege von
Vorerörterungen schon deshalb ausschließen müssen, weil die Vornahme solcher nicht
selten einen größeren Uebelstand darstellen würde als eine etwa voreilige Eröffnung
des Hauptverfahrens. Unbedenklich wird beispielsweise die Anzeige eines öffentlichen.
Beamten bei einer Polizeiübertretung zur Erhebung der Anklage genügen. Dies
liegt aber auch so sehr in der Natur der Sache, daß das Gesetz geglaubt hat, von
besonderen Vorschriften für die Behandlung geringfügigerer Strafsachen absehen und
das Weitere dem Gerichtsgebrauch überlassen zu können, und zwar um so mehr als
das Verfahren vor den S. ohnehin durch die Bestimmung der §8§ 211, 447 ff. und
453 ff. eigenthümliche Formen erhalten hat, dergestalt, daß die Eröffnung des
Hauptverfahrens durch förmliche Verfügung des Amtsrichters sich über-
haupt nicht als die regelmäßige Verfahrensart darstellen wird."“