Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Schuldschein. 611 
mögensverschleppung, Kollusionen u. dgl. gebrauchen werde, kann das Gericht zum 
Zwecke der Sicherung der Masse, wo es nothwendig erscheint, ebenso wie dann, 
wenn der Schuldner die ihm vom Gesetz auferlegten Pflichten nicht erfüllt, die 
Haft desselben anordnen (K O. F 93). 
3) Die Haft zur Erzwingung des Offenbarungseides; hierüber s. 95 782—795 
der Deutschen CPO. 
4) Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses, welches ein Zeuge abzulegen 
ohne Grund sich weigert; über Voraussetzungen, Dauer u. s. w. dieser Haft f. 
§§ 345, 355 der Deutschen CPO. 
5) Die Haft zur Erzwingung nichtvertretbarer Handlungen des verurtheilten 
Schuldners; wenn ein Schuldner zur Vornahme einer Handlung, welche nicht von 
einem Dritten vorgenommen worden, verurtheilt ist, diese Handlung aber, obwol 
sie ganz von seinem Willen abhängt, nicht vornimmt, so kann das Prozeßgericht 
auf Antrag erkennen, daß der Schuldner zur Vornahme dieser Handlung durch 
Geldstrafen bis zum Grundbetrage von 1500 Mark oder durch Haft (bis zu 6 
Monaten) anzuhalten sei; Eingehung der Ehe und Herstellung des ehelichen Lebens 
sind jedoch als nicht erzwingbar hiervon ausgenommen (Deutsche CPO. 8 774). 
6) Die Civilhaft als Strafhaft; wenn der Schuldner einer Omissiv= oder 
Duldungshandlung zuwiderhandelt, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung 
auf Antrag des Gläubigers von dem Prozeßgerichte zu einer Geldstrafe bis zu 500 
Mark oder zur Strafe der Haft bis zu 6 Monaten (im Ganzen aber nur bis zu 
2 Jahren) zu verurtheilen (Deutsche CPO. § 775). 
Diese 6 verschiedenen Arten der „Civilhaft“ des heutigen Deutschen Rechts sind 
ihrer Natur nach sehr verschieden: kann die unter Ziff. 2 erwähnte Haft des Kon- 
kursschuldners noch unter den Begriff der Sicherheitshaft (S. in diesem Sinne) 
gestellt werden, so nähert sich die unter Ziff. 5 erwähnte „Zwangshaft“ sehr be- 
deutend der eigentlichen S. als Exekutionsmittel, während die unter Ziff. 3 und 4 
mehr den Charakter von lediglich im Interesse der prozessualischen Ordnung zu- 
gelassenen und anzuwendenden Zwangsmaßregeln und die unter Ziff. 6 den Charakter 
der Strafe tragen. 
OQOuellen: Franz. Gesetz vom 18./22. Juli 1867. — Oesterr. Gesetz vom 4. Mai 
1868. — Nordd. Gesetz vom 29. Mai 1868. — Großherz. Hess. Gesetz vom 7. Aug. 1868.— 
Württemb. Gesetz vom 8. Jan. 1869. — Bayer. Gese Fsth vom 6. April 1869. — Bad. 
Gesetz vom 12. Fehr. 1870, sämmtlich die Aufhebung der S. betr. — Das Nordd. Bundesges. 
vom 29./31. Mai 1868 ist nunmehr Deutsches Reichsgesetk — Iels Gesetz sur la contrainte 
her Corps, 27 juillet 1871. — Preuß. Allgem. Ger.O. Th. I. 29. — Preuß. KO. § 138.— 
4 55 Geiet vom 21. Juni 1869.— Deutsche CP. g — 774, 755, 345.355.— 
on Wegpell, System des ordentl. Civ. Prz., § 30 Ziff. 2, § 50 Ziff. 2 und die dort 
cit. Lit. — Ueber Einlager: Stobbe, Zur Geschichte des Deutschen Vertragsrechts, 
S. 178 — Ueber Aupfhebung der S. Ullmann, Ist die körperliche Haft ein zu- 
lässiges xekutivmittel. in Civilprozeßsachen (in der Deutschen Gerichtsztg. 1866); Derselbe, 
Die Zukunft der S., Berlin 1868. — Motive zum Nordd. Gesetz vom 29. Mai 1868. — 
Annalen des Nordd. Bundes, Bd. I. (1868) S. 806 ff. — Ferner: Lesse, Die Verhandlungen 
de Nordd. Reichstags über Uufhebung der S., Berl. 1868. — Ueber das Französ. Gesetz 
s. Deutsche Gerichtsztg. Bd. III. (1867) S. 277 ff. — Ferner: Ueber die neuen Gesttz über- 
haupt Samuely in Goldschmidt's eitschr. für das ges. Fi. Bd. XV. 110—147 
(1870). — v. Wilmowski u. Levy, CPO., 2. Aufl. 1881, S. 909 ff. u. a. a. O. 1 
Seuffert, Komment. zur CPO. zu § 798, S. 800 ff. u. a. a. O. die übrigen Komment. 
der CPO. u. KO. — Ercole Vidari, Di alcuni progetti di legge sulle Ccambiali, Bologna 
1871, p. 54 ss. — Thöl, H. R., Bd. II. Wechselrecht, §§ 17, 198, 203, 204 (4. Aufl.). — 
Walbrock, De la contrainte par corps, 1870. Gareis. 
Schuldschein ist die urkundliche Bezeugung eines Schuldverhältnisses durch 
den Schuldner bzw. dessen Vertreter. Das Röm. Recht hat den S. (chirographum) 
erst in der Kaiserzeit von den Griechen entlehnt und neben die altrömische cautio 
gestellt, welche letztere nur ein Referat über den mündlichen Vertragsschluß zum 
39“
	        
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