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berufen sei. Noch Coke führt jenen Satz als das Motiv dieses Erfordernisses an
und Rechtsfälle aus den Zeiten Elisabeth's und Karl's II. sprechen denselben Ge-
danken aus. Seit die Geschworenen thatsächlich keine Zeugen mehr waren, erscheint
das Erforderniß des Vicinetum (venue) nicht nur als überflüssig; es war ins-
besondere auch lästig, da die Erfüllung desselben, welche mit peinlicher Genauigkeit
verlangt wurde, große Schwierigkeiten verursachte. Gerade die Betonung des
Vicinetum war eine der Hauptchikanen geworden, welche man zur Anfechtung des
Verfahrens in Anwendung brachte. Da half denn in Ciovilfachen die Gesetzgebung
ab. Nachdem schon das Statut 21 Jakob I. ch. 13 theilweise Abhülfe getroffen
hatte, bestimmte 16 und 17 Karl II. ch. 8, daß ein Urtheil wegen Mangels des
Vicinetum nicht inhibirt werden solle, vorausgesetzt, daß die Jury überhaupt aus
der Grasschaft des Streitortes einberufen sei. Ebenso wurde die durch Common
Law, theilweise auch durch Statute Law (35 Henry VIII. c. 6; 27 Eliz. c. 5
§ 5) verlangte Anwesenheit von Hundredors durch 4 u. 5 Anna c. 16 für über-
flüssig erklärt, indem an Stelle der Hundertschaft gleichfalls das corpus comitatus
gesetzt ward. «
So sind die Geschworenen aus Zeugen zu Beweisrichtern geworden. Wie die
Ausdehnung des Notorietätsbegriffs es möglich gemacht hatte, durch das Verdikt
von Nachbarn das alte formelle Zeugenverfahren zu ersetzen, hat die rückläufige Be-
wegung, nämlich die Beschränkung des Notorietätsbegriffes dazu dienen müssen, das
persönliche Wissen von der Streitsache aus der Jury wieder herauszuziehen und
zum Gegenstand eines freien materiellen Beweisverfahrens zu machen, während zu-
gleich der Spruch der Geschworenen zu einem die Beweisergebnisse zusammenfassenden
Urtheil umgestaltet wurde.
Die weitere Darstellung der Civiljury gehört nicht mehr in den Rahmen dieser
geschichtlichen Betrachtung.
B. Die Jury in Strafsachen.
1) Die Anklagejuyy.
Der Germanische Prozeß war ein Anklageprozeß im striktesten Sinne des Wortes.
Wenn nicht die verletzte Partei mit einer rechtsförmlichen Klage auftrat, konnte ein
begangenes Verbrechen nicht bestraft werden. Als in der Fränkischen Periode sich
die Idee von der allgemeinen Strafgewalt des Staates ausgebildet hatte, erlitt
dieser Grundsatz eine Abänderung. Man bestrafte das erwiesene Verbrechen von
Amtswegen. Man strafte also in Fällen der handhaften That. In anderen
Fällen wurde zur Einleitung eines Beweisverfahrens die Inquisitio in Anwendung
gebracht. Der Richter versammelte die angesehensten Gemeindegenossen, nahm ihnen
in der Regel ein eidliches Wahrheitsversprechen ab und forderte sie dann auf ihren
Eid hin auf, auszusagen über bestimmte Verbrechen, die in dem Gerichtssprengel
begangen worden waren. Der Ausspruch der Geschworenen, die Rüge, vertrat die
Stelle einer rechtsförmlichen Privatklage. Sowie einer solchen gegenüber der Be-
klagte, so mußte der Rüge gegenüber der Bezichtigte sich reinigen von der ihm zur
Last gelegten Schuld, sei es durch Eideshelfer, sei es durch ein Ordal. Da uns die
Existenz des Rügeverfahrens in Karolingischer Zeit nur durch vereinzelte Kapitularien-=
stellen beglaubigt ist, so sind wir über die Details des Verfahrens nicht unter-
richtet. Doch liegt kein Grund vor, daran zu zweifeln, daß es mit jener urkund-
lich gesicherten Form der Inquisitio im Wesentlichen identisch war, welche beim
Inquisitionsbeweise in Anwendung kam. Das Rügeverfahren des weltlichen Rechts
wurde von der Fränkischen Kirche rezipirt und auf Grund desselben die Einrichtung
der Sendgerichte ausgebildet. Die Darstellung derselben bei Regino von Prüm
gestattet uns Rückschlüsse auf ihr weltliches Vorbild.
In den Ländern der Fränkischen Monarchie hat sich das Rügeverfahren des
weltlichen Prozesses auch nach Auflösung derselben erhalten. Wir finden es in
Deutschland als Rüge, in Flandern als Veritas, Coye Verité, Franche Verité, in